HANNOVER. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, hat der Publizistin Birgit Kelle „populistische Anbiederei“ an „veränderungsunwillige konservative Kreise“ vorgeworfen. Anlaß ist Kelles Kritik an der Gender-Mainstreaming-Theorie. In einem Interview hatte sie diese als „wirre Ideologie“ bezeichnet.
„Solche polemische Kritik und die Zustimmung zu ihr lassen darauf schließen, daß mit ‚Gender‘ Gefühle und Ängste bei Menschen angesprochen werden“, sagte Schneider am Montag bei der Eröffnung des evangelischen „Studienzentrums für Genderfragen in Kirche und Theologie“ in Hannover nach einem Bericht der Christlichen Medienmagazins pro.
Kelle wies die Vorwürfe Schneiders gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zurück. „Es ist traurig, daß solche Vorgänge immer nach demselben Schema ablaufen. Es wird nicht sachlich widerlegt, sondern man arbeitet sich an den Kritikern ab.“ Sie verstehe auch nicht, warum sich die EKD überhaupt des ganzen Gender-Themas annehme. Die evangelische Kirche habe wahrlich dringendere Probleme.
Kelle: Es war richtig, zum Katholizismus zu konvertieren
„Es ist nicht die Aufgabe der EKD, die Gender-Theorie zu verbreiten. Hauptaufgabe ist immer noch die Verkündigung des Evangeliums. Insofern war es eine richtige Entscheidung, vor zwei Jahren zum Katholizismus zu konvertieren“, sagte Kelle.
Das Studienzentrum für Genderfragen soll zur Gestaltung einer Kirche beitragen, in der die Vielfalt menschlicher Begabungen auf allen Ebenen zum Tragen komme. Die Einrichtung will sich laut den Verantwortlichen auch mit der sogenannten „Queer-Theologie“ beschäftigen. Diese richtet sich gegen eine Theologie, die nicht-heterosexuelle Menschen als Sünder betrachtet. Für das Zentrum stellt die EKD ein jährliches Budget von 218.000 Euro bereit.
Bei der Veranstaltung am Montag betonte Schneider laut pro, er habe vieles an der feministischen Theologie zunächst für Unsinn gehalten. Seine Frau habe ihn dann aber überzeugt. „Vieles ist in unserer Kirche schon geschehen“, freute sich der Ratsvorsitzende. „Verkrustungen einer jahrtausendealten Männertheologie und Männerkirche wurden – Gott sei Dank! – in den letzten 40 Jahren von Frauen schon aufgebrochen.“ (krk)
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