BERLIN. Die Darstellung Sebastian Edathys, er sei nicht vor einem drohenden Ermittlungsverfahren gewarnt worden, wird aus SPD-Kreisen widersprochen. „Er hatte Informanten, oder einen Informanten, die ihm gesagt haben: ‘Da läuft was gegen dich, was zu einem Ermittlungsverfahren führen kann’“, sagte der SPD-Politiker Heiner Bartling gegenüber dem NDR-Regionalmagazin Hallo Niedersachsen. Edathy selbst habe ihm das in einem Telefongespräch gesagt.
Nach Edathys eigener Darstellung habe er erst nach deutschen Presseberichten über einen ausgehobenen Kinderpornoring seinen Anwalt eingeschaltet. „Da mir erinnerlich war, bei einer kanadischen Firma, um die es ging, vor etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich für eindeutig legal halte, habe ich einen Anwalt um Beratung gebeten“, schrieb er in einer Stellungnahme gegenüber dem Spiegel. „Mein Anwalt hat daraufhin präventiv mit verschiedenen Behörden im Bundesgebiet Kontakt aufgenommen.“
Edathy wußte wohl vor der Öffentlichkeit Bescheid
Nach Informationen der Rheinischen Post hatte Edathys Anwalt aber bereits am 13. November bei der Staatsanwaltschaft Hannover und anderen Behörden nachgefragt, ob gegen seinen Mandanten etwas vorliege. Dabei bezog sich dieser auf „Gerüchte“, die im Umlauf seien. Tatsächlich machte die kanadischen Ermittlungsbehörden den Schlag gegen den Kinderpornoring aber erst am 14. November auf einer Pressekonferenz in Toronto öffentlich, von welcher Medien wie der Toronto Star berichteten.
Ausländischen Strafverfolgungsbehörden wurden zuvor vertrauliche Informationen über mögliche Bezieher übermittelt. Auf einer dieser Listen tauchte auch der Name Edathys auf. SPD-Innenexperte Bartling hält daher ein Leck auch bei den Ermittlungsbehörden für möglich. Eine Ermittlung des Informanten hält er für ausgeschlossen, da „ein Riesen-Personenkreis“ über den Verdacht gegen Edathy Bescheid wußte. Darunter die 16 Landeskriminalämter, der Göttinger Polizeipräsident und der Chef der Nienburger Polizei.
Brief an Bundestagspräsidenten Lammert offensichtlich abgefangen
Verwirrung herrscht auch um den Brief der Staatsanwaltschaft Hannover an Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU). Der Brief, in dem um die Aufhebung der Immunität des Bundestagsabgeordneten Edathy gebeten wird, wurde von der Staatsanwaltschaft am 6. Februar verschickt, traf aber erst am 12. Februar im geöffneten Zustand in Lammerts Büro ein, sagte der Sprecher des Bundestages, Ernst Hebeker, dem Spiegel. Der Brief sei zudem mit einer anderen Marke überklebt worden.
Am 7. Februar trat Edathy zurück, was die Staatsanwaltschaft Hannover eigenen Angaben nach überrumpelte. Drei Tage später durchsuchten Kriminalbeamte Edathys Wohnung in , konnte aber nur in geringem Umfang Material sicherstellen. Wie jetzt bekannt wurde, hatte Edathy am 12. Februar seinen Dienstrechner im Bundestag als gestohlen gemeldet, wie Hebeker gegenüber dem Stern bestätigte.(FA)