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Wahl in Hessen: Wohlfühlonkel ohne Amtsbonus

Wahl in Hessen: Wohlfühlonkel ohne Amtsbonus

Wahl in Hessen: Wohlfühlonkel ohne Amtsbonus

Volker_Bouffier
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Wahl in Hessen
 

Wohlfühlonkel ohne Amtsbonus

Wer hätte das gedacht: Der bekennende Zigarillo-Fan mit der Reibeisenstimme Volker Bouffier gibt den Wohlfühlonkel. Vorbei die Zeit, als der hessische CDU-Landesverband als konservative „Stahlhelm“-Truppe galt. Ministerpräsident imitiert die Kanzlerin. Bloß nicht die Wähler mit Streitbarem irritieren.
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Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU): Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Herausforderer Foto: Wikipedia / Alexander Kurz https://tinyurl.com/3hth25

Wer hätte das gedacht: Der bekennende Zigarillo-Fan mit der Reibeisenstimme gibt den Wohlfühlonkel. Vorbei die Zeit, als der hessische CDU-Landesverband als konservative „Stahlhelm“-Truppe galt. Ministerpräsident Volker Bouffier imitiert die Kanzlerin. Ähnlich wie diese will er die Wähler nicht mit Streitbarem und Strittigem irritieren. Ecken und Kanten müssen weichen. „Landesvater“ und Partei werben daher mit dem Slogan „Ja zu Hessen“. Die Wirtschaftsdaten sind ja auch gut. Angeblich fühlen sich 96 Prozent der Bürger wohl im Land. Diesen Wert schreibt sich die CDU auf die Fahnen.

Kurz vor der Landtagswahl am 22. September ist der Ausgang des landesweiten Urnenganges trotzdem denkbar knapp. Die Umfragen sehen ein Patt in Hessen voraus. Die Regierungsparteien CDU und FDP scheinen bei den Wählern ähnlich beliebt zu sein wie die rot-grüne Opposition. Alle Parteien versuchen daher, die Unentschlossenen zu mobilisieren. Wer hat die besseren Karten bei diesem Spiel? Fast 40 Prozent der Wahlberechtigten sind noch unsicher, ob und welche Partei sie wählen sollen. Meinungsforscher konstatieren sowohl eine Wechselstimmung als auch eine große Unentschlossenheit. Fast 50 Prozent der Befragten wollen, daß mit Schwarz-Gelb nach der Wahl Schluß ist und Rot-Grün die Regierungsgeschäfte übernimmt. Die Fortsetzung des christlich-liberalen Bündnisses wird von 30 Prozent der Befragten präferiert.

Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Herausforderer

Über einen Amtsbonus verfügt Bouffier nicht. Im direkten Vergleich liegt der Amtsinhaber vier Prozentpunkte vor seinem SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel. Beide sind in Gießen aufgewachsen und wurden lange unterschätzt. Der Arbeitersohn Schäfer-Gümbel wirbt jetzt mit dem Slogan „Gerechtigkeit macht stark“. Er muß mit Aktionen gegen den etwas bräsigen Bouffier punkten und wettert daher unter anderem gegen Steuerbetrug und Steuerflucht.

Ob dies reichen wird, um „hessische Verhältnisse“ zu verhindern? Sollten die Wähler am 22. September ein Patt herbeiführen, könnte eine monatelange Hängepartei drohen. Union und Liberale holen daher gern die Kommunismuskeule aus der ideologischen Abstellkammer. Da Schäfer-Gümbel keine Koalitionsmöglichkeit ausschließt, wollen Bouffier und sein Stellvertreter Jörg-Uwe Hahn (FDP) den Eindruck erwecken, daß der hessische SPD-Chef eine mögliche linke Mehrheit zum Regieren nutzen werde. In Hessen denken dabei alle sofort an den gescheiterten Versuch der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilantis, nach der Wahl 2008 eine von der Linkspartei geduldete rot-grüne Minderheitsregierung zu installieren.

Während die Linke das Thema zur Eigenwerbung nutzt und hofft, mit dem Versprechen, eine Abwahl von Schwarz-Gelb sei nur mit ihr möglich, wieder über die Fünfprozenthürde zu kommen, versucht sich auch die FDP Gehör zu verschaffen. Vor vier Jahren hatte Hahns Truppe 16,2 Prozent der Wahlstimmen auf sich vereinigen können. Nun fordert er mit Blick auf die Umfragen (knapp fünf Prozent) ein verpflichtendes Vorschuljahr und Sprachtests für Fünfjährige. Außerdem will der liberale Integrationsminister den Islamunterricht an den Schulen ausweiten.

Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners

Die AfD, die ebenfalls zur Landtagswahl antritt, liegt in den Umfragen bislang deutlich unter der Fünfprozenthürde. Doch wie auf Bundesebene gilt auch hier, daß die Meinungsforscher sich ihrer Sache alles andere als sicher sind.

Sollte es bei den unklaren Mehrheitsverhältnissen bleiben, dann hätten vor allem die hessischen Wähler, die sich offenbar nicht entscheiden können, wie es mit ihrem Land weitergehen soll, ein Problem. Aber vielleicht bietet dann ja auch in Hessen trotz aller Verhärtungen eine große Koalition den Ausweg. Die Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners könnte obsiegen.

JF 39/13

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