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Heldenplatz

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In Wien hat sich jüngst eine „Sensation“ ereignet, jedenfalls wenn man Österreichs Verteidigungsminister Norbert Darabos von der SPÖ glauben will. Der ob seiner Existenzberechtigung offenbar immer noch nicht ganz sichere zweite Nachfolgestaat des Deutschen Reichs hat nämlich einen Erfolg im Kampf gegen nationalsozialistischen Hochverrat erzielt. Ort: Der symbolträchtige und stets geschichtspolitisch umkämpfte Wiener Heldenplatz, auf dem begeisterte Menschenmassen im März 1938 die kommende Vereinigung mit dem übrigen Deutschland abfeierten.

Eben dort ist bereits seit 1935 ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu besichtigen. Errichtet wurde es von dem Bildhauer Wilhelm Frass, einem damals recht prominenten Künstler. Frass war seinerzeit Präsident des Bildhauerverbandes und auch nach 1945 ein angesehener Mann – aber seit 1933 Mitglied der illegalen NSDAP Österreichs. Er fand es angemessen, im Sockel des neuen Denkmals in einer Kapsel ein Schreiben mit einzubetonieren, in dem er seinen „Glauben an die ewige Kraft des deutschen Volkes“, zum Ausdruck brachte, verbunden mit der Hoffnung, daß Gott „nach all dem Furchtbaren, nach aller Demütigung, den unsagbar traurigen Bruderzwist beenden und unser herrliches Volk einig im Zeichen des Sonnenrades dem Höchsten“ näherbringen würde. Indirekt wünschte er also das Ende der austrofaschistischen Alpenrepublik.

Akuter Faschismusverdacht

Nach der Vereinigung von 1938 bezeichnete er dies in einem Schreiben selbst stolz als „hochverräterischen Akt“, zumal die Würdenträger der Republik dort regelmäßig zu Gedenktagen erscheinen mußten. Ein Mitarbeiter von Frass legte in der Kapsel ein zweites Schreiben bei, in dem er sich wünschte, „dass künftige Generationen unseres unsterblichen Volkes nicht mehr in die Notwendigkeit versetzt werden, Denkmäler für Gefallene aus gewaltsamen Auseinandersetzungen von Nation zu Nation errichten zu müssen“.

Wenn man die Berichterstattung verfolgt, so stellt Letzteres nun für das sozialdemokratisch-grüne Milieu, das die jetzt erfolgte Öffnung des Denkmals und die Entfernung der Kapsel wegen akutem Faschismusverdacht durchgesetzt hatte, eine besondere Sensation dar. In der Süddeutschen und der taz wurden Spekulationen laut, wie der Mitarbeiter Alfons Riedel wohl ein solches „konträres“ Schreiben in die Kapsel „hineingeschmuggelt“ haben könne. „Pazifistisch“ sei das schließlich. Da sah man im Blätterwald sogar über das von Riedel angerufene „unsterbliche Volk“ hinweg, bei dessen Erwähnung man heute wohl seine umgehende Entlassung aus allen Ämtern und die Verweigerung öffentlicher Aufträge fordern würde.

Die Lösung des Rätsels ist wohl einfach: „Die Leute hatten Hitler nicht gewählt, damit er ihnen den Krieg brachte“, stellte Regimegegner Golo Mann in den 1950er Jahren des letzten Jahrhunderts in seiner "Deutschen Geschichte" fest. Das hatten in der Tat weder die Weimardeutschen noch die vereinigungsfrohen Alpendeutschen noch die Sudetendeutschen, die sich 1938 ebenfalls Hoffnung machten, bald dazuzugehören. Es bestand 1935 keine Notwendigkeit, ein Schreiben zu „schmuggeln“, das sich den Frieden wünschte – selbst wenn man für einen illegalen Nationalsozialisten arbeitete. Was im März 1938 auf dem Heldenplatz gefeiert wurde, war kein kommender Krieg.

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