HAMBURG. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) hat das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, einen klar pro-europäischen Kurs einzuschlagen. Angesichts der Euro-Krise seien „Entschlußkraft und Opferbereitschaft dringend geboten“, betonte Schmidt nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa auf einer Veranstaltung der „Atlantik-Brücke“.
Dies gelte für alle Deutschen und „gewiß auch für das Bundesverfassungsgericht“. Der Ex-Kanzler plädierte für eine verstärkte Abgabe von Souveränitätsrechten an die Europäische Union. Er rechtfertigte dies mit Artikel 23 des Grundgesetz, in dem es unter anderem heißt: „Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit“, solange dabei demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze beachtet würden.
Kein Vorrang deutscher Interessen
Schmidt sieht darin den klaren Auftrag der Bundesrepublik, die europäische Integration voranzutreiben. Dagegen sei von „einem Vorrang deutschen Interesses“ im Grundgesetz keine Rede. Ausdrücklich lobte er dabei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese habe bei den Verhandlungen zur Euro-Rettung ein „bemerkenswertes taktisches Geschick“ gezeigt und zudem die deutsch-amerikanische Freundschaft immer gelebt.
Schmidts Äußerungen sind Teil einer Dankesrede bei der „Atlantik-Brücke“. Der einflußreiche Privatverein hatte Schmidt am Montag den Eric-M.-Warburg-Preis verliehen. Der SPD-Politiker ist eines der ersten Mitglieder des 1952 gegründeten Lobbyverbandes. (ho)