Nach einem erst gestrigen, neuerlichen Zusammenprall mit den lokalen Bestmenschen meiner Universitätsstadt bleibt mir nichts anderes übrig, als einige Gedanken hinsichtlich der konkreten Bedrohungssituation unsereins, also Lesern und Autoren dieser Zeitung, loszuwerden.
Implizite Einschüchterung …
Wir erinnern uns: Im Sommer 2011 veröffentlichte zuerst die linksextreme Selbstbeweihräucherungsplattform Indymedia eine Liste von JF-Mitarbeitern und -Gesprächspartnern. Zu Jahresbeginn 2012 wiederkäute dann die (offensichtlich doch nicht so engagierte) Initiative „Nazileaks“ des Hackerkonglomerats „Anonymous“ selbige Liste noch einmal. Diese Vorstöße einer „Informationsguerilla“ zeitigten – wer hätte es gedacht? – zumindest teilweise die üblichen Konsequenzen.
Gleichzeitig darf aber nicht aus den Augen verloren werden, daß angesichts der an vielen Universitäten offensichtlichen Verzahnungen zwischen AStA, lokalen Antifa-Fußtruppen und Mitarbeitern von Schlüsselinstitutionen wie z. B. den Studentensekretariaten, wo Adreßdatenbanken und andere persönliche Informationen der Studenten greifbar sind, derartiges Denunziantentum über schattenhafte Kanäle dauerhaft und fortdauernd funktioniert.
… explizite Aktion
Was kommt dabei heraus? Bemerkenswerterweise an der Universität nicht allzuviel. Ich kann zwar nur aus persönlicher Erfahrung sprechen, aber abgesehen von allfälligen bösen Blicken, Tuscheleien sowie gelegentlichen dummen Sprüchen à la „Na, Du Faschist?“ ist mir auf dem Campus bisher nichts geschehen. Weitaus unangenehmer war da schon der massive Druck, den man von Anfang meines Studiums an auf meine studentischen Weggefährten ausübte. Ich berichtete zwar schon einmal andeutungsweise darüber; wirklich bemerkenswert finde ich nach Jahren der einschlägigen Erfahrung allerdings, daß es sich beim typischen „Google den mal!“-Agitator eben gerade nicht um einen ansonsten nichtsnutzigen Antifa-Aktivisten handelt, sondern vielmehr um den klischeehaften Mitläufer, der – einem allfällig nützlichen Instinkt folgend – lediglich sein Fähnchen in den Wind dreht.
Sich den gesinnungspolizeilichen Sturmbrigaden anzudienen, ist offensichtlich hin und wieder sehr verlockend; einer quasi „deutschen Tradition“ folgend, läßt sich so das eigene Ansehen pflegen, während man gleichzeitig eventuelle persönliche Rechnungen begleichen kann. Menschlich, allzumenschlich – und nach meiner Erfahrung sind nicht einmal vorgebliche „Ehrenmänner“ davor gefeit.
Ob handfest oder nicht
Soviel zum Universitätsleben. Blieben noch die sonstigen Alltagsgeschäfte. Auf offener Straße sieht die Lage schon ein ganzes Stück anders aus. Zwar wurde mir bisher weder das Auto angezündet, wie bei Dieter Stein, noch der Briefkasten mit angesammeltem Hundekot aufgefüllt, wie es im vergangenen Jahr einem BN-Kollegen geschah. Das sind Eindrücke, um die ich die Betroffenen weiß Gott nicht beneide.
Doch auch Erlebnisse wie angespuckt oder mit Kaffee begossen zu werden, sind durchaus unschön. Dabei spielt nicht einmal der Akt des Übergriffs an sich die Hauptrolle, sondern vielmehr das Gefühl der ohnmächtigen Wut – gerade wenn solch „zivilcouragiertes“ Verhalten von Radfahrern gezeigt wird, die im nächsten Moment um eine Ecke verschwunden sind. Was also bleibt hängen von derlei Äußerungen der „wehrhaften Demokratie“?
Ziel ist bundesdeutsches Doppeldenk
Letztlich kann solchen überfallartigen Demonstrationen der scheinbaren gesinnungsmäßigen Übermacht nichts anderes zugrunde liegen als die Aufrechterhaltung (wieder eingeführt werden muß er ja nicht) der zweifelhaften Tradition des „deutschen Blicks“. Um Zweiflern und Haderern, die sich nicht mit scheinbaren Gesetzmäßigkeiten der sogenannten Gesellschaft abfinden wollen, von vornherein die Konsequenzen ihrer möglichen Dissidenz vor Augen zu führen, müssen ab und an eben Exempel statuiert werden.
Nur so läßt sich letztlich die Schere im Kopf am Leben erhalten. Diese findet selbst bei Willensstarken noch ihren Niederschlag im seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts traditionellen „deutschen Blick“, also dem Umschauen nach Mithörern bei vertraulichen Gesprächen oder dem schon reflexartigen Senken der Stimme, wenn es um kontroverse Themen geht.
Wer zurückschlägt, trifft sich selbst
Und wir, die wir die Ziele dieser Machtrituale sind? Was bleibt uns in solchen Momenten zu empfinden, welche Schlußfolgerungen zu ziehen? Abermals kann ich nur für mich selbst sprechen: Meine Überzeugung von der unbedingten Wichtigkeit, sich nicht mit Pöbel und Gelichter gemeinzumachen, habe ich schon vor Jahren dargelegt.
Nun, älter und um viele (positive wie negative) Erfahrungen reicher, gesellt sich die Fähigkeit dazu, den allzu verständlichen Zorn angesichts von Angriffen und Schmähungen in Willen umzusetzen. Willen zur fortdauernden Arbeit – was bleibt denn auch anderes übrig? Auch, wenn wohl jedem im Augenblick einer derartigen Demütigung das sprichwörtliche Messer in der Tasche aufgehen mag: Schlichtes Zurückschlagen nützt letztendlich nur dem vielseitig protegierten Gegner, der so auch noch eine Gelegenheit bekommt, seine unverdienten medialen Vorteile auszuspielen.
Geistiges Partisanentum
Fernab von Stammtischen (ohne damit zwangsläufig den Stammtisch herabwürdigen zu wollen) und lärmenden aktionistischen Zusammenschlüssen wird wohl niemand bei klarem Verstand die schlichte Gegengewalt befürworten. In einem Einspieler aus einem Neofolk-Lied heißt es: „Oh, wie diese Zeit auf uns lastet … Es heißt: stillsein, es heißt: warten. Und im verborgenen an sich selbst arbeiten.“ Ohne das Bewußtsein um die gegenwärtige, scheinbare Übermacht der „Kameraden von der anderen Feldpostnummer“ hätte es mir wohl nicht soviel Freude bereitet, an einer „konservativ-subversiven Aktion“ teilzunehmen. Dabei war die konkrete Wirkung letztlich egal; vielmehr war es eine kaum vergleichliche Wonne, ringsum Kinnladen herunterfallen zu sehen, weil die schiere Existenz von Andersdenkenden längst aus dem „Dackelblick der Gutmenschentrottel“ (Jochen Hieber) entschwunden ist.
Derzeit ist es schlichtweg nicht möglich, den Herausforderungen der Gegenseite angemessen zu begegnen – es muß einstweilen darum gehen, eben nicht vor der Gewalt zu Kreuze zu kriechen und sich nicht in Entschuldigungsfloskeln und Rechtfertigungszwängen zu ergehen. Beharrliches Weitermachen ist Selbstvergewisserung und Widerstand zugleich. Ein Franz Schönhuber hat das bereits 1987, in meinem Geburtsjahr, postuliert. Seitdem hat sich die Lage, wenn überhaupt, wohl eher negativ entwickelt. Um so mehr gilt es, sich um die Heranbildung der vielbemühten „Traditionskompanien“ zu kümmern. Letzten Endes kann es wohl als grundlegend konservativ bezeichnet werden, in einer Zeit ohne „deutschen Blick“ und die Schere im Kopf leben zu wollen. So kann sture Unbeugsamkeit auch sehr erfüllend sein – wenn man weiß, daß man im Recht ist.