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Deutsch als Ausschußware

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Ist unserem Land die deutsche Sprache noch etwas wert? Jüngste Ereignisse haben wieder einmal Zweifel daran gesät. Mit der politischen Stellung des Deutschen beschäftigte sich der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche gleich zweimal. Am Montag, 7. November, beriet der Petitionsausschuß über die Verankerung der deutschen Sprache im Grundgesetz. Am Mittwoch, 9. November, sprach der Rechtsausschuß über den Gesetzentwurf des Bundesrats zur Einführung von Englisch als weiterer Gerichtssprache in Deutschland.

Zumindest das Zustandekommen der ersten der beiden Sitzungen schien zunächst ein Erfolg zu sein: Obwohl die Petition für „Deutsch ins Grundgesetz“ weniger als die erforderlichen 50.000 Unterschriften erreicht hatte, lud der Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags die Petenten zur Anhörung ein – den Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA) und den Verein Deutsche Sprache (VDS).

Lächerlich und unwürdig

Doch schon die zusätzliche Einladung eines Gegenpetenten, der weitaus weniger Unterstützer hinter sich scharen konnte, hätte stutzig machen müssen. Der Hamburger Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch hatte in einer Gegenpetition „Keine Aufnahme der deutschen Sprache ins Grundgesetz“ rund 3.000 Stimmen gesammelt, was normalerweise bei weitem nicht ausreicht, zu einer Anhörung eingeladen zu werden. Dazu hätte er eigentlich 47.000 Unterzeichner mehr benötigt.

So nahm eine der lächerlichsten und unwürdigsten Veranstaltungen zur deutschen Sprache ihren Lauf. Die Ausschußmitglieder nahmen den Petenten Walter Krämer (VDS) schier ins Kreuzverhör. Die wichtigste Frage des Grünen Memet Kilic war, wie man denn das Wort „Marketing“ auf deutsch ausdrücken könne. Dabei kam sich der Abgeordnete offenbar sehr witzig vor.

Die Linke Agnes Alpers schwadronierte von der multikulturellen Gesellschaft, für die wohl jeder sein müsse, und holte den Allgemeinplatz von der „Sprache im Wandel“ aus dem Keller der gesammelten Totschlagargumente. Peter Röhlinger von der FDP begleitete sie hinunter, kramte das Zauberwort „Globalisierung“ aus einer verstaubten Schublade und verlieh seiner Befürchtung Ausdruck, die Betonung der deutschen Sprache in Deutschland könne ausländische Fachkräfte abschrecken. Stefanowitsch hingegen hatte es leicht; er rannte offene Türen ein.

Kein Wohlwollen im Petitionsausschuß

Krämer war offenkundig darauf nicht vorbereitet. Er wiederholte lediglich die bekannten Argumente, griff in seiner unbeherrschten Art gar den Gegenpetenten an, weswegen ihn die Ausschußvorsitzende ermahnen mußte. Dadurch verschlechterte er seine ohnehin schwache Position. Dabei hätte Krämer doch wissen können, daß er im Ausschuß kaum mit Wohlwollen rechnen konnte. Bereits im Mai 2009 – also in der vergangenen Legislaturperiode – hatte sich der Petitionsausschuß der Haltung des Bundesinnenministerium angeschlossen: „Eine Ergänzung des Grundgesetzes um den Passus ‘Die Sprache der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch’ bzw. die Schaffung sonstiger Vorschriften zum Schutze der deutschen Sprache werden […] nicht für erforderlich gehalten.“

Der Bundestag folgte damals der Empfehlung des Ausschusses und beschloß am 14. Mai 2009, die Petitionen dem Bundesministerium des Innern und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zu überweisen, sowie den Fraktionen des Deutschen Bundestages lediglich zur Kenntnis zu geben.

Volkswille gegen Abgeordnetenwillen

Doch eine Frage wurde damals wie heute nicht gestellt: Wie kann es sein, daß nach repräsentativen Umfragen über zwei Drittel der Deutschen hinter dem Anliegen der Petition stehen, von diesen Deutschen aber keiner im Petitionsausschuß des Deutschen Bundestags zu finden ist? Volkswille und Abgeordnetenwille klafften wieder einmal weit auseinander.

Warum darf der deutschen Sprache kein Verfassungsrang zugestanden werden? Eine mögliche Erklärung gab es zwei Tage nach der Sitzung des Petitionsausschusses, als der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags über den Gesetzentwurf des Bundesrats zur Einführung von Englisch als weiterer Gerichtssprache beriet.

Eine Ergänzung des Grundgesetzes würde diesem Vorhaben entgegenstehen, die Stellung der deutschen Sprache weiter zu untergraben. Vorab hatte der Rechtsausschuß Gutachten von sechs Befürwortern und Lobbyisten, aber nur von einem Gegner eingeholt – von Wolfgang Ball, dem Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof.

Bei diesem ungleichen Verhältnis stand die zu erwartende Empfehlung des Rechtsausschusses bereits vorher fest. So meldete der Deutsche Bundestag ein „Ja zu englischsprachigen Gerichtsverhandlungen“. Diese Novemberwoche mit diesen beiden Sitzungen im Bundestag war wirklich eine schwarze Woche für die deutsche Sprache.

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