MÜNCHEN. Im Prozeß gegen den mutmaßlichen KZ-Wachmann John Demjanjuk hat die Staatsanwaltschaft eine sechsjährige Haftstrafe gefordert. Sie wirft dem Angeklagten vor, während des Zweiten Weltkrieg an der Ermordung von 27.900 Juden im Konzentrationslager Sobibor beteiligt gewesen zu sein.
Der 90 Jahre alte Demjanjuk habe hohe Schuld auf sich geladen, sagte Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz nach einem Bericht von Welt Online. Trotz seines hohen Alters gelte der Grundsatz „Mord verjährt nicht“. Der Beschuldigte sei als Wachmann im KZ „grausam, heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen“ an den Massenmorden der Nazis beteiligt gewesen.
Auf die Forderung nach der Höchststrafe von 15 Jahren habe man nur verzichtet, weil Demjanjuk bereits einige Jahre in israelischer Haft verbracht hat. Dort war er wegen seiner Tätigkeit als sogenannter Trawnik (Hilfskraft) im KZ Treblinka zum Tode verurteilt worden. Nachdem Zweifel aufkamen, ob er dort wirklich als Wachmann gearbeitet hatte, wurde er aus der Haft entlassen und freigesprochen.
Verteidigung hält das Verfahren für einen „politischen Schauprozess“
Die Verteidigung hatte die deutsche Justiz während des Verfahrens scharf angegriffen und kritisiert, es handele sich um einen „politischen Schauprozeß“. Die Schuld seines Mandanten sei nicht nachgewiesen worden, führte Verteidiger Ulrich Busch an, der während des Verfahrens über 400 Beweis- und 20 Befangenheitsanträge gestellt hatte.
Demjanjuk selbst hatte sich zu den Vorwürfen nicht geäußert. Während des Prozesses drohte er jedoch mit einem Hungerstreik, sollte das Gericht nicht alle Beweise der Verteidigung zulassen.
In dem Verfahren steht mit dem gebürtigen Ukrainer erstmals ein nichtdeutscher Angeklagter wegen seiner Beteiligung am Holocaust vor einem deutschen Gericht. Die Verteidigung hatte der Bundesrepublik deshalb vorgeworfen, die Alleinschuld der Deutschen an den Nazi-Verbrechen relativieren zu wollen. Das Urteil wird für Mitte Mai erwartet. (ho)