Zugegeben, so langsam ermüdet das ständige Gerede um die „Big Brother Tools“ im Internet, mit denen angeblich alles und jedes überwacht, analysiert und ausgewertet werden kann. Daß es hier, abgesehen von technischen Grenzen, vor allem Probleme mit der Auswertung der uferlosen Datenflut gibt – im Jargon „Information-Overload“ genannt –, hat sich mittlerweile herumgesprochen.
Dessenungeachtet sind nun der Suchmaschinengigant Google und der US-Geheimdienst CIA, beides ausgewiesene Datenstaubsauger, offensichtlich zu dem Ergebnis gekommen, noch einen Schritt weitergehen zu können: Gehen ihre Wünsche in Erfüllung, soll nämlich mit einmal gewonnenen Informationen nichts weniger als die Zukunft vorausgesagt werden können.
Aus diesem Grund wurde, so berichtete unter anderem der Wiener Standard beziehungsweise die taz, bereits 2009 ein kleines, aber wohl feines Start-up-Unternehmen gekauft, das „mittels Netzwerkanalyse und Weblog-Beobachtung die Internetkommunikation in Echtzeit überwachen will“. Der Name dieses Unternehmens lautet sinnigerweise „Recorded Future“, auf deutsch: „Aufgezeichnete Zukunft“.
Dossiers in „Echtzeit“
„Recorded Future“ will die technischen Möglichkeiten dafür haben, auf der Basis von erhobenen Informationen aus dem Internet – diese können sowohl aus Blogs als auch von Webseiten von Regierungen stammen – auf künftige Ereignisse und Trends schließen zu können.
All dies will das Unternehmen mittels einer eigens entwickelten Analysesoftware in „Echtzeit“ realisieren können: „Wir können hier wirklich in Echtzeit Dossiers über beliebige Personen anfertigen“, behauptete Firmenchef Christopher Ahlberg treuherzig dem Webmagazin Wired gegenüber. Dafür ist man wohl auf der Suche nach „unsichtbaren Verknüpfungen“.
Kein Wunder, daß Google, das zunehmend mit US-Geheimdiensten zu kooperieren scheint, und die CIA in Gestalt ihrer Investmentfirma In-Q-Tel hier zugegriffen haben: Google, weil es sowieso ein grundlegendes Interesse an Such-Tools aller Art hat, und die CIA, weil sie eine Möglichkeit wittert, Terroristen noch effektiver zu bekämpfen, indem diese mittels „Weborakel“ möglicherweise schon vor Anschlägen unschädlich gemacht werden können. Daß „Recorded Future“ natürlich auch noch auf anderen Feldern eingesetzt werden könnte – Stichwort Wirtschaftsspionage oder Konkurrenzbeobachtung –, liegt auf der Hand.
Die Algorithmen von Wolfram Alpha
Ob all dies wirklich funktioniert, steht dahin. Mit einem ähnlichen Anspruch tritt seit 2005 bereits der auf der Software Mathematica basierende Internetdienst Wolfram Alpha auf. Dieser Dienst verfolgt das Ziel, Fakten aus dem Internet nicht nur zu sammeln, sondern durch spezifische Algorithmen zu Ergebnissen verarbeiten zu können.
Nach einem anfänglichen Hype ist es mittlerweile recht still um Wolfram Alpha geworden. Offensichtlich – ich lasse mich hier aber gerne von informierten Lesern korrigieren – sind die Arbeiten an dem Algorithmus, der zu den avisierten Ergebnissen führen soll, noch keineswegs abgeschlossen. Wie es scheint, braucht es wohl doch noch eine ganze Weile, bis „Big Brother“ im Internet Gestalt annehmen kann.