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Friedfertigkeit

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Glück im Unglück hatte Wirtschaftsminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg in der vorletzten Aprilwoche auf einer Modenschau in der russischen Botschaft in Berlin: Es war lediglich Sekt, der sich plötzlich über sein Jackett ergoß, und die Urheberin des Malheurs, die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär, stand kaum im Verdacht, auf diese Weise sozialen Protest zum Ausdruck bringen zu wollen.

In den Niederungen der Bevölkerung könnten auf Politiker wie Guttenberg hingegen Überraschungen ganz anderer Art warten, wenn sie im Wahlkampf notgedrungen wieder in Kontakt mit ihr treten. Die von der Berliner Prominenz noch zur Schau gestellte Gelassenheit im Angesicht der Krise scheint unter den Bürgern immer mehr zu schwinden. Die SPD-Schattenpräsidentin Gesine Schwan sowie einige Spitzengewerkschaftler unken sogar, daß Deutschland soziale Unruhen ins Haus stünden, und die mit staatsbürgerlichem Pathos vorgetragene Kritik von Arbeitgebern und Vertretern der Regierungskoalition, durch derartige Warnungen rede man den Aufruhr erst herbei, könnte als Indiz dafür gewertet werden, daß auch der Berliner Himmel zunehmend von Sorgenwolken verhangen ist.

Demoskopen zufolge sind derartige Befürchtungen jedoch unbegründet. Deutschland ist und bleibt ein relativ friedliebendes Land, meint Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner, und Richard Hilmer von Infratest dimap stellt sogar fest, daß das Vertrauen der Menschen in die Politik eher gestiegen als gesunken ist. Von gewaltsamen Unmutsreaktionen aus der Mitte der Gesellschaft, wie sie in Frankreich und Großbritannien schon vereinzelt auftreten, könnte unser Land folglich verschont bleiben, und Militanz bliebe ein Ausdrucksmittel von fanatisierten Randgruppen, die gar nicht eines Anlasses wie der Wirtschaftskrise bedürfen, um sich in Szene zu setzen.

Für die Berechtigung dieser Entwarnung spricht nicht nur die empirische Ausforschung aktueller Befindlichkeiten, sondern auch die simple Logik: Wenn die sozial Deklassierten in einer Zeit ruhig geblieben sind, in der die Wirtschaft boomte und die oberen Zehntausend ungeniert ihren Luxus zur Schau stellten, werden sie erst recht dann schweigen, wenn Unternehmen Verluste statt Rekordgewinne schreiben und sich die durch Vermögenseinbußen an den Finanzmärkten gebeutelten Reichen in demonstrativer Bescheidenheit üben. In der Krise erstirbt der Sozialneid, da es allen schlechter geht. Vor allem aber mangelt es an Muße, um sich an der Idee einer Systemveränderung zu ergötzen.          

Foto: Bühnenbild mit dem Wahlspruch „Provinz auf Weltniveau“: Die Kulissenschieber haben nichts zu tun

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