Vom Tal der Tränen bis zum Gipfel ist es offenbar für die SPD nicht weit gewesen. In gerade einmal sechs Wochen hat sich der öffentliche Eindruck von Deutschlands ältester Partei völlig verändert. Der Platitüden verbreitende und unbeholfene Kurt Beck ist weg, zurückgekehrt ist wie ein Geist aus besseren Zeiten Franz Müntefering, der die Angststarre der Genossen blitzschnell beseitigte. Die Weltwirtschaftskrise tut ein übriges, damit die Karten im großen Spiel der deutschen Innenpolitik wieder neu gemischt werden. Wer den SPD-Sonderparteitag in Berlin erlebt hat, fühlte sich an die Hochzeiten von Willy Brandt erinnert. Natürlich war Autosuggestion im Spiel, als sich die Genossen gegenseitig beklatschten und manchmal nicht zu merken schienen, daß sie sich wie pfeifende Kinder im Wald aufführten. Aber dennoch: Mit der SPD ist es wie mit einem durch die Börsenkrise stark unterbewerteten Dax-Konzern: Es kann nur wieder aufwärtsgehen. Müntefering baut die Parteizentrale jetzt in Windeseile zu einer schlagkräftigen Einheit um, die Kampagnen führen kann und dies auch tun wird. Da so viele Prozentpunkte die SPD von der Union auch nicht trennen, ist das Rennen zwischen Angela Merkel und dem wahlkampferprobten Müntefering samt seinem Schröder-Klon und Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier wieder offen.