Wer zum zivilen Ungehorsam aufruft, muß nicht zwangsläufig dem politisch linken Lager angehören. Wenn ein Staat seit nunmehr zehn Jahren die Abtreibung bei vorausgegangener Beratung straffrei läßt und dadurch suggeriert, die Tötung Ungeborener sei rechtmäßig, dann fragen sich selbst konservative Lebensrechtler, wie gegen dieses Unrecht vorgegangen werden kann. Großdemonstrationen kommen nicht mehr zustande, da der Status quo nun schon etabliert ist. Einzelaktivitäten wie Verteilaktionen oder Mahnwachen vor Abtreibungskliniken ziehen immer häufiger gerichtliche Prüfungen nach sich. Was kann man noch tun? Dieser Frage geht der Politikwissenschaftler Karl Graf Ballestrem in der aktuellen Ausgabe der viermal im Jahr von der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e.V. herausgegebenen Zeitschrift für Lebensrecht (ZfL) nach. Ballestrem betont, daß er hier als Katholik spricht, für den die derzeitige staatliche Gesetzgebung im Widerspruch zu den kirchlichen Lehrschreiben steht. Er plädiert für die Meinungsfreiheit und für das daraus folgende Recht auf passiven Widerstand. Ähnlich wie bei Kriegsdienstverweigerern soll auch für Ärzte und Krankenschwestern die Möglichkeit geschaffen werden, aus Gewissensgründen eine Kooperation zu verweigern. Darüber hinaus spricht Ballestrem jedem Bürger das Recht auf gewaltfreie, aber rechtswidrige öffentliche Akte zu, um dadurch seinen Widerstand gegen die geltende Gesetzeslage zum Ausdruck zu bringen. Von verbalen Attacken sei aber ganz klar abzuraten; empfehlenswerter seien öffentliche Gebete vor Abtreibungskliniken. Doch gibt es sicherlich zahlreiche weitere Möglichkeiten. Hier ist Phantasie gefordert. Richter Rainer Beckmannn, der verantwortliche Redakteur der Zeitschrift für Lebensrecht, entlarvt die Familienfeindlichkeit bundesdeutscher Gesetzgebung, indem er in seinem Beitrag aufzeigt, wie der Staat seine sogenannte „Familienförderung“ fast ausschließlich auf den Verzicht beschränkt, den Eltern das für das Existenzminimum ihrer Kinder aufzubringende Geld wegzunehmen. Ein kompliziertes Steuerrecht verschleiert, daß fast die gesamte Summe, welche man den Eltern gibt, ihnen bei der Steuerrückvergütung wieder abgezogen wird. Der Mediziner Hans-Bernhard Würmeling widmet seinen Beitrag dem Embryonenschutzgesetz. Dieses im internationalen Vergleich sehr strenge Gesetz bezeichnet den Embryo nicht als „Etwas“, sondern als „Jemand“. Gegen die von verschiedenen Seiten angeführten Einwände weist Würmeling nach, daß es sich beim Embryo wirklich um einen Menschen handelt. Aktuelle Notizen zum Thema Lebensschutz runden das Heft ab. Mit der Zeitschrift für Lebensrecht und den regelmäßig stattfindenden Tagungen ist die Juristen-Vereinigung Lebensrecht nach fünfzehnjährigem Bestehen zu einer der wichtigsten Stimmen für das Leben geworden ist. Zeitschrift für Lebensrecht (ZfL), Postfach 50 13 30, 50973 Köln. Das Jahresabonnement beträgt 18 Euro.