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Die Frau von heute trägt Foltermode

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Die Frau von heute trägt Foltermode

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Man nimmt, wo man’s kriegen kann. In der letzten Nummer der internationalen Modezeitschrift Vogue, dem feinsten an sich, was die Branche zu bieten hat, finden sich einige jener schnöden Folterfotos aus dem berüchtigten, mittlerweile geschlossenen irakischen Foltergefängnis Abu Ghraib, die seinerzeit weltweit Empörung und Entsetzen auslösten. Aber es geht Vogue beileibe nicht um eine (arg verspätete) Sachreportage. Vielmehr dienen die Bilder als „Anreger“ für ausgefallene Mode-Ideen. Der neueste Mode-Stil wird hier etabliert, der Folterstil. Denn Folter ist „in“, Folter ist schick, die Dame von Welt trägt „Folter“, wenigstens eine Saison lang. Besonders angetan hat es den Modemachern von Vogue jener Häftling mit der Kapuze über dem Kopf, der mittlerweile zu einer Art Ikone für modernes Erleiden geworden ist. Er muß auf einer schmalen Kiste stehen, an den ausgestreckten Händen hat man ihn verdrahtet, um ihm Stromstöße durch die Knochen zu jagen. Und er wirkt dabei nach Meinung der modischen Kreativbolzen außerordentlich elegant. Der Fetzen, dem man ihm für die Dauer der Tortur übergeworfen hat, zeigt einen Schwung, den sich jeder Modebeflissene ohne weiteres zum Vorbild nehmen kann. Seine Beinhaltung erinnert an bestes Spitzen-Ballett, „Schwanensee“, „Nachmittag eines Fauns“. Und seine Kapuze ist überhaupt das Tollste: eine Mischung aus Scharfrichter und Klosterbruder, die jeden Kopftuchstreit überflüssig macht. Leute, tragt Foltermode, der heißersehnte „Dialog der Kulturen“ kann davon nur profitieren! Was soll man nun von der ganzen Veranstaltung halten? Dummheit? Zynismus? Abgestumpftheit gegenüber allem, was sich gehört? Von jedem wohl etwas, und darüber als Hauptantrieb – totale Unerzogenheit. Die Herren des feinsten Modemagazins des Abendlands, so sieht man, sind unerzogene Rüpel, die nicht einmal mehr wissen, daß sie welche sind. Alle guten Lehren sind bei ihnen für die Katz. Man müßte sie erst einmal selber auf die Folter spannen, auch wenn sie dabei nicht gerade eine modische Figur abgäben.

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