Am 16. März öffnet die Leipziger Buchmesse auf dem neuen Messegelände wieder ihre Tore. Vier Tage später, am Abend des 19. März, wird nach über 1.800 Veranstaltungen für die Messegesellschaft die Frage im Mittelpunkt stehen, ob auch in diesem Jahr die 100.000-Besucher-Grenze überschritten werden konnte. Auch für ihre Träger, die Stadt Leipzig und das Land Sachsen, wird deren Beantwortung von oberster Priorität sein. Was dagegen erneut auf der Strecke bleiben dürfte, ist der Blick auf die langfristige Zukunft der traditionsreichen westsächsischen Metropole als Bücherstadt außerhalb des Messebetriebes. An der Situation, daß die Größen der Branche ihre Zentralen weit außerhalb Leipzigs haben, hat sich seit Beginn der neunziger Jahre nichts geändert. Doch gerade an den Standorten großer Verlage finden sich zumeist die beliebtesten Treffpunkte für Literaturfreunde, denen dort auch durch regelmäßige Autorenlesungen ein konstantes Angebot präsentiert wird. In dieser Hinsicht hat Leipzig nach wie vor große Probleme. Lesungen und Veranstaltungen rund um das Thema Buch sind außerhalb der Messe oft nur ein zweiter Aufguß, obwohl sich einige öffentliche Institutionen – hier sei exemplarisch die Stadtbibliothek genannt – mit kleinem Etat, doch um so größerem Engagement um eine Besserung dieser Situation bemühen. Dagegen stehen Einrichtungen wie das mit hohem finanziellen Aufwand Ende der neunziger Jahre errichtete „Haus des Buches“ den größten Teil des Jahres leer – weder die Räume für Dauervermietungen noch für Sonderveranstaltungen sind in ausreichendem Maße gefragt. Doch die Stadt setzt weiterhin in erster Linie auf „Großevents“, durch die Besucher „aus aller Welt“ angezogen werden sollen. Auch der frischgewählte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hat bereits angekündigt, an diesem Kurs seines Vorgängers Tiefensee festzuhalten. Doch das ist langfristig gesehen kaum vorteilhaft; vor allem wenn die Projekte wenig durchdacht sind. Das Scheitern des Vorhabens, die Olympischen Spiele im Jahr 2012 nach Leipzig zu holen, ist dafür nur ein Beispiel. Der Verlierer der einseitigen Ausrichtung ist das kulturinteressierte Stammpublikum. Jung kündigte bereits kurz nach seiner Wahl an, daß sich die Leipziger Oper im kommenden Jahr auf eine größere Kürzung ihres Etats vorbereiten müsse. Und so wird es in gleichem Maße wohl auch die „eventfreie“ Stadtbibliothek treffen. Wetten?