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Im Visier der Heckenschützen

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Da sind sie wieder, die Amigos der CSU. Das ganze alte Geflecht, das von CSU-Kreisvorstandsmitgliedern in München über die Familie Strauß bis zum Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber im fernen Kanada reicht, scheint noch zu funktionieren. In München wurden Stimmen für Parteiversammlungen gekauft, die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier soll eine der Drahtzieherinnen gewesen sein. Die neue CSU-Homestory könnte Drehbuchvorlage für einen modernen Mafia-Film sein. Dabei hatte vor einem Jahr alles so schön begonnen. Hohlmeier war angesehene Kultusministerin und Stellvertreterin von Parteichef Edmund Stoiber. Schon wurde sie als dessen potentielle Nachfolgerin gehandelt. Ihr Heimatverband, die Münchener CSU, wurde seit vielen Jahren von Affären und Intrigen erschüttert. So entstand in der Landesleitung der Gedanke, mit Hohlmeier eine angeblich unverbrauchte und unverdächtige Politikerin an die Spitze des Münchener Bezirksverbandes zu setzen, der bis dahin von dem Bundestagsabgeordneten Johannes Singhammer geleitet worden war. Singhammer, ein angesehener Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperte im Bundestag, war mit dem Münchener Schlangennest überfordert und hatte frühzeitig resigniert. So wurde Monika Hohlmeier im März 2003 mit knapp 96 Prozent der Stimmen zur neuen CSU-Bezirksvorsitzenden in München gewählt. Was die Parteiführung nicht wußte, war die personelle Verquickung der Kultusministerin und auch ihres inzwischen verurteilten Bruders Max mit Hauptakteuren der Münchener CSU-Szene. Die jungen Herren, die stets in dunklen Anzügen auf den CSU-Versammlungen erschienen und den Eindruck großer Staatsmänner erweckten, aber letztendlich mit so anstößigen Methoden wie Stimmenkauf arbeiteten, um Wahlergebnisse zu beeinflussen, gehörten offenbar zum Umfeld der Kultusministerin. Nachdem in einem Gerichtsverfahren junge CSU-Mitglieder wegen Stimmenkaufs verurteilt worden waren, kam die Welle erst richtig ins Rollen. Einer der Beteiligten erhob schwere Vorwürfe gegen den Landtagsabgeordneten Joachim Haedke, der Drahtzieher der Affäre gewesen sein soll. Schlimmer noch: Haedke und Hohlmeier sollen unter einer Decke gesteckt haben. Eigenartig war, daß die Münchener CSU-Chefin keine Veranlassung sah, gegen Haedke ein Parteiausschlußverfahren eröffnen zu lassen. Das hat der Landtagsabgeordnete inzwischen aber gegen sich selbst beantragt. Mehr noch: In einer Vorstandssitzung soll die Strauß-Tochter kritischen Parteifreunden mit der Bekanntgabe privater Dossiers gedroht haben. Das ging den meisten Vorstandsmitgliedern zu weit. Hohlmeier mußte sich entschuldigen und ihren Rücktritt vom Parteiamt erklären. 80 Prozent der Zeit gehen für den Mandatserhalt drauf Seitdem häufen sich die Vorwürfe. Vom Kultusministerium aus soll die gesamte Münchener Parteiarbeit gesteuert worden sein. Ein Hohlmeier-Referent in Staatsdiensten habe überwiegend Parteiaufträge erledigt und regelmäßig an CSU-Sitzungen teilgenommen. Die Bundestagsverwaltung prüft inzwischen das Finanzgebaren der CSU in der Landeshauptstadt. CSU-Chef Edmund Stoiber, der sich nach einigen Amigo-Verstrickungen zu Zeiten von Strauß und Max Streibl den Ruf eines Saubermanns erworben hat, tobte. In der ARD sprach er von einer „zweiten Chance“ für die Kultusministerin, was man auch als „letzte Chance“ interpretieren kann. So hängt das politische Schicksal der Kultusministerin auch davon ab, ob die Heckenschützen in ihre Angriffe weiterführen. Auf jeden Fall dürfte die Hohlmeier-Affäre noch viele Schlagzeilen für die themenarme Sommerzeit hergeben. Festzustehen scheint bisher, daß die Strauß-Tochter aus dem Rennen um eine mögliche Stoiber-Nachfolge ausgeschieden ist. Ihre früher starke Position als stellvertretende Parteivorsitzende hat sie bei Annahme des Münchener Bezirksvorsitzes aufgeben müssen. Das heißt, sie ist im engsten Führungszirkel nicht mehr vertreten, nachdem sie den Bezirksvorsitz niederlegen mußte. Im Ministerium bleiben ihr die nicht gerade angenehmen Aufgaben wie die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre und die Reform der Hauptschule. Ob Hohlmeier in der Staatsregierung bleibt, hängt letztlich von Stoibers Gnade ab. Der CSU-Chef wägt höchst sensibel ab, was ihm mehr Vorteile bringt: Das Erbe von Strauß, der in Bayern ungebrochen höchstes Ansehen genießt, durch die Tochter weiter einzubinden oder durch einen Schlußstrich unter das Kapitel Hohlmeier seinen Ruf als Saubermann zu festigen. Die Lehren aus dem Fall sind eigentlich andere und nicht auf München begrenzt. Nicht Politik verdirbt den Charakter, sondern Charaktere verderben die Politik. Die jungdynamischen Funktionäre, die in München ihr Unwesen trieben und weiterhin treiben, gibt es auch in anderen Städten und Parteien. Ohne beruflichen Hintergrund und ohne Erfahrung zieht es sie in die Politik in der Hoffnung, möglichst schnell Karriere zu machen und Mandate zu erhalten. Taktisch geschickt, rhetorisch begabt und intrigantisch in Bestform marschieren sie durch die Gremien. 80 Prozent der Arbeitszeit eines Abgeordneten, so heißt es in Berlin, gehen für die Erhaltung seines Mandates drauf. Wie soll das Land da noch ordentlich regiert werden?

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