Nach langem Ringen haben die Unionsparteien ihr Konzept zur Steuer- und Arbeitsmarktreform beschlossen. Der große – insbesondere vom CDU-Wirtschaftspolitiker Merz geforderte – Sprung ist es nicht geworden, eher ein zweifacher Trippelschritt. Die Einkommensteuersätze werden etwas gesenkt, statt in simplen Dreistufensätzen steigt die Grenzsteuerbelastung linear an, die Entfernungspauschale wird leicht gestutzt, der Arbeitsmarkt zögerlich geöffnet. Für die Gewerkschaften (auch die unionsnahen) insgesamt unerträglich, für die Reformermahner (nicht nur aus den Reihen der Unternehmer) bei weitem zu wenig. Insgesamt also richtig? Daß nach Unionsvorstellungen die Steuererklärung auch künftig nicht auf einem Bierdeckel abgeliefert werden kann, ist kein großer Verlust. Die Vereinfachungsfanatiker konnten in Zeiten computerunterstützter Abfrageprogramme nie so recht überzeugen. Fairneß geht vor, und eine gerechte Einkommensteuerbemessungsgrundlage darf ruhig etwas komplizierter sein als die Berechnung des Tabellenplatzes des Fußballvereins. Wichtiger ist dagegen die generelle Senkung der Steuereinnahmen. Die allerdings hätte wesentlich umfangreicher ausfallen müssen. Das Lamento der FDP über die vertane Chance ist jedoch lächerlich. Statt ihre schwindenden Bizeps auf der Spielwiese der Bundespräsidentenkandidatur zu verausgaben, hätte sie den ungeliebten Kandidaten Schäuble schlucken und dafür konsequenter Reformpläne einhandeln sollen. Westerwelle aber waren personale Eitelkeiten wichtiger als sachliche Glaubwürdigkeit.
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