Die Ich-AG wird innerhalb von drei Jahren mit insgesamt rund 15.000 Euro gefördert. Dieses Geld wird vom Staat dem Ich-AGler gegeben, der aufgrund dieser Summe rein kalkulatorisch imstande ist, sie zu seinen Gunsten einzusetzen. So bewegt er sich unterhalb des Preisniveaus derer, die mit Vollkosten rechnen müssen. Die Erfahrung zeigt im Handwerksbereich zudem, daß zum weit überwiegenden Teil sich Menschen selbständig machen, die wenig für eine Selbständigkeit qualifiziert sind. Das heißt, daß die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse in der Regel nicht vorhanden sind. Eine Preiskalkulation erfolgt oft nach dem Prinzip: Egal, was genommen wird, ich bleibe darunter. Das ist wirtschaftlich gesehen äußerst riskant, was nicht zu bedeuten hat, daß einige nicht dennoch sehr erfolgreich sein können. Ein Beispiel außerhalb des Handwerks macht dies vielleicht deutlich: Im Raum Siegen hatte sich jemand im Landwirtschaftsbereich selbständig gemacht. Das Arbeitsamt konnte ihm die Zuwendungen nicht verweigern, obwohl die Landwirtschaftskammer zu einem Schafzuchtbetrieb „Nein“ sagte. Im Winter fand man Dutzende verendete Schafe – er hatte eben keine Qualifikation, aber die Berechtigung, es zu tun. Die Ich-AG ist dazu gedacht, das Problem der Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Was passiert? Eine erkleckliche Zahl macht sich auf dieser Basis selbständig, kassiert die erwähnten 15.000 Euro vom Staat. Wir haben bereits jetzt Ausfallquoten von bis zu 80 Prozent, die schon nach einem Jahr wieder aufgeben müssen. In Nordrhein-Westfalen gibt es das Instrument der Meistergründungsprämie. 5.000 Euro gibt es dort für eine Neugründung im Handwerksbereich. Dies ist um ein Vielfaches effektvoller, denn nach drei Existenzjahren liegt hier die Ausfallquote bei vier bis fünf Promille, und im Gegensatz zu einer Ich-AG werden dort drei bis fünf Arbeitsplätze geschaffen! Markus Kluft ist Pressesprecher der Handwerkskammer Arnsberg. Der hochtrabende Name verheißt zwar unendliche Reichtümer; derjenige aber, der sich auf die Ich-AG einläßt, merkt alsbald, daß es sich hierbei lediglich um eine Variante des Überbrückungsgeldes handelt. Prompt muß er prüfen, ob letzteres nicht für ihn günstiger sein könnte. Wir begrüßen jede Maßnahme, die es dem Menschen in Deutschland erleichtert, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen – wenn nicht als Angestellter oder Arbeiter, dann als Selbständiger. Wir betrachten es als Grundrecht, selber für sich zu sorgen. Dieses wird den Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland ziemlich erschwert durch Gesetze, Verordnungen, Steuern, Handwerksordnung, Tarifverträge. Allein der große Wurf, den der Wirtschaftsminister bei der Abschaffung der Meisterpflicht im Handwerk vorhatte, verkümmerte zu einem mittleren Kegelspiel, bei dem Berufe wie Frisör oder Bäcker offensichtlich als zu gefährlich eingestuft wurde, um sie Ungelernten zu überlassen. So ist die Regierung auch bei der Ich-AG kaum über den eigenen Schatten gesprungen und hat diesem Arbeitsförderungsinstrument die große Chance genommen, die Möglichkeit zu bieten, die Existenzgründern und kleinen Selbständigen den Weg zum Erfolg ebnet. So ist ein Jahreseinkommen von 25.000 Euro bereits das Ende der Fahnenstange, was die Förderung angeht, und die Monatsförderung von 600 Euro im ersten Jahr noch in Ordnung, von 360 Euro im zweiten und 240 Euro im dritten Jahr aber kaum mehr, als der Empfänger an Sozialabgaben zu entrichten hat. Seine Arbeitslosenversicherung bleibt bestehen, sonst würde er bei seinem Versuch, sich aus der Arbeitslosigkeit zu befreien, auch noch bestraft. Unser Vorschlag: All jenen, die eine Selbständigkeit wagen, die Fördermittel anzubieten, also auch den Handwerkern und sonstigen Berufsanfängern, nicht nur ehemaligen Arbeitslosen, und die Monatsförderung für drei Jahre fest bei 600 Euro belassen! Helmuth W. Weber ist Hauptgeschäftsführer des Verbandes Selbständiger und Gewerbetreibender e.V. (VSG) in Bonn.
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