Jahrelang schickte Jan Philipp Reemtsma seine Ausstellung durch die Lande, um zu „beweisen“, daß die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg nichts anderes war als ein „wanderndes Schlachthaus“ – wie einer seiner Adepten es ebenso infam wie einprägsam ausdrückte. Sie sollte Unruhe in die Familien bringen und den uniformierten Enkeln suggerieren, daß ihre Großväter Verbrecher waren. Nebenher entsorgte Reemtsma damit seine beiden Halbbrüder, die als deutsche Offiziere in diesem „verbrecherischen“ Heer gedient haben und gefallen sind. Nun ist die Schau „Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-1944“ an ihre Endstation gekommen. Die Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft, die bereits zur ersten, dann so jämmerlich gescheiterten Fassung der Ausstellung in Kiel auf einer großen Veranstaltung mehreren kompetenten Persönlichkeiten ein Forum der Kritik geboten hatte, lud nun zum Abschluß in Hamburg zu einem „Informationsabend“ ins Logenhaus ein. Sie hatte den international anerkannten US-amerikanischen Völkerrechtler und Historiker Alfred de Zayas als Redner gewinnen können sowie mit Stefan Scheil einen jungen Historiker, der mit Büchern über zeitgeschichtliche Themen bewiesen hat, daß er sich von der politischen Korrektheit keine Fesseln anlegen läßt. Soeben ist seine kritische Auseinandersetzung mit der neuen Ausstellungsfassung unter dem Titel „Legenden, Gerüchte, Fehlurteile“ (JF 04/04) erschienen. Obwohl die Hamburger Öffentlichkeit vom Neuaufguß der Ausstellung kaum Notiz nimmt, war der mit über 300 Personen in einem zum Bersten vollen Saal – auch zur Überraschung der Veranstalter. Unter den Zuhörern befand sich auch eine gymnasiale Oberstufen-Klasse. Scheil analysierte einige Ausstellungsobjekte, an denen er demonstrierte, daß die revidierte Version nicht weniger als die alte lediglich vorgefaßte Meinung manipulativ vorträgt, um Assoziation zu wecken und Stimmungen zu erzeugen. Wissenschaftlich nachprüfbare Beweise fehlen. Auch das Urteil des Völkerrechtlers de Zayas über die Ausstellung fiel in seinem temperamentvollen Vortrag „Wehrmacht und Völkerrecht“ vernichtend aus. Er attestierte ihr eine „unwissenschaftliche, pauschalierende Tendenz“. Sie helle nicht auf (das Gezeigte sei längst bekannt gewesen), sondern hatte lediglich die Aufgabe, die 18 Millionen Soldaten der Wehrmacht pauschal zu verunglimpfen. Pietätlos, so de Zayas, sei sie allemal, denn sie bedeute eine schwere Mißachtung der anständigen Soldaten – der Gefallenen, der inzwischen Verstorbenen und der noch Lebenden. De Zayas forderte, nunmehr eine wissenschaftlich fundierte Ausstellung über Kriegsverbrechen zu veranstalten. Über den Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung in Deutschland und Japan, über die Vertreibung der Deutschen, aber auch über Kriegsverbrechen nach dem Zweiten Weltkrieg, nämlich in Vietnam, in Afghanistan, in Tschetschenien, im ehemaligen Jugoslawien und in beiden Golfkriegen. Die eingeladenen Hamburger Medien hatten keine Vertreter entsandt. So stelle man sich offenbar den verbal gern geforderten „demokratischen Diskurs“ vor, merkte der Vorsitzende der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, der Brigadegeneral Reinhard Uhle-Wettler, abschließend an.