Der Politikwissenschaftler und Inhaber des Lehrstuhls für Moderne Geschichte an der Universität Cassino, Roberto de Mattei, setzt mit der nun auch auf deutsch erschienenen Biographie dem brasilianischen Gegenrevolutionär Plinio Corrêa de Oliveira (1908-1995) ein würdiges Denkmal. In den meisten Lexika sucht man den Namen dieses katholischen Denkers, Hochschulprofessors, Abgeordneten, Publizisten und Gründers einer heute in 26 Ländern wirkenden Gesellschaft mit Zehntausenden von Mitgliedern zur Verteidigung von „Tradition, Familie und Privateigentum“ (TFP) vergebens. Und das, obwohl sein Buch „Revolution und Gegenrevolution“ in fast alle Weltsprachen übersetzt wurde und als ein Werk gilt, welches das konterrevolutionäre Erbe eines de Bonald, de Maistre oder Donoso-Cortés gedankenreich und in weltoffener Weise fortsetzt. Welche Medien getrauen sich heute, einen Mann herauszustellen, der französische, kommunistische oder faschistische Revolutionen ebenso vehement und militant bekämpfte, wie er den verderblichen Einfluß des American way of life oder den schleichenden Prozeß der Selbstzerstörung der Katholischen Kirche durch marxistisch-sozialistische „Befreiungstheologen“, menschenrechtliche „Weltethiker“, ökumenistische Ireniker oder gutmenschlichen Gleichheitsfanatiker anprangerte? Ganz in Übereinstimmung mit den letzten Konzilien und den großen Päpsten des 19. und des 20. Jahrhunderts heißt für de Oliveira „Gegenrevolution“, einzutreten erstens für die Sakralisierung der Wirklichkeiten des zeitlichen Lebens und damit für die Bekämpfung des Laizismus in Staat und Gesellschaft; zweitens für hierarchische Ordnung und elitäre Führung im Gegensatz zu allen egalitären Ansprüchen einer aus den Fugen geratenen Massengesellschaft; drittens für eine klare Feindansprache, die das Böse, Unanständige und Niedrige auch in ihren verschleierten Formen erkennt, benennt und schließlich mutig bekämpft, um den Raum für jede liberale Philosophie und Politik einzuengen, die den zerstörerischen und revolutionären Kräften in Gesellschaft und Staat freien Lauf lassen. Sein wohl zweitwichtigstes Buch, „Adel und analoge Eliten“ (ebenfalls ins Deutsche, Italienische, Spanische, Englische und Französische übersetzt), weist darauf hin, welche beinahe übermenschliche Aufgaben angesichts der durch die 1968 erfolgten kulturrevolutionären Proletarisierung der Gesellschaft echter Adel heute zu erfüllen hätte. De Oliveira beließ es nicht beim Theoretisieren, sondern er hat den Kampf aufgenommen und in sehr tagesaktueller Weise geführt, nicht zuletzt auch gegen jene katholischen „Kerenskijs“, die den linken Kräften in Brasilien, Nicaragua, Chile und anderswo den Weg bahnten. Allein durch die Schilderung dieses Kampfes wird de Oliveiras Biographie zu einem zeitgeschichtlichen Dokument ersten Ranges. Sein Leben, schrieb Kardinal Ruiz zum Tode de Oliveiras, „lädt uns ein, über die Tatsache nachzudenken, daß die Vorsehung um so vortrefflichere Gestalten erweckt, je schlimmer die Übel eines Zeitalters sind, die es zu bekämpfen gilt“. Und im Vorwort der Biographie würdigt Kardinal Stickler de Oliveira als „idealen Orientierungspunkt“ für alle jene, die ihre Energien großzügig und allen Widerständen zum Trotz in den Dienst der christlichen Zivilisation stellen. Mit seiner akribischen und zugleich mit innerer Anteilnahme geschriebenen Biographie macht Roberto de Mattei nun auch deutschen Lesern das Lebenswerk eines brasilianischen Denkers und Bewegers zugänglich, das an Breite, Tiefe, Ausdruckstärke, Realitätsnähe und Zielsetzung eine unübersehbare Richtmarke für das setzt, was Politik sein sollte: Sorge um das Gemeinwohl. Roberto de Mattei: Der Kreuzritter des 20. Jahrhunderts: Plinio Corrêa de Oliveira. Mit einem Vorwort von Kardinal Alfons Maria Stickler. Aus dem Italienischen übersetzt von Alfred J. Keller Brosch. Verlag Österreichische Gesellschaft zum Schutze von Tradition Familie und Privateigentum, Wien 2004, 332 Seiten, broschiert, 15 Euro
- Deutschland