Wenn andere von ihrem Urlaub erzählen, klingt das immer toll. Wie kommt das nur? Regnet es bei den anderen nie, oder kennen die keine Langeweile? Das gleiche wird umgekehrt bei unseren Erzählungen gefragt. Tatsächlich nimmt der Mensch die meisten Situationen besser auf, als sie es verdienen. Und im Rückblick erscheint uns das Leben schön, unangenehme Dinge verschwinden ziemlich schnell in der Versenkung. Das heißt nicht, daß Fehlschläge vergessen sind, doch sie verlieren ihre negative Besetzung und liegen nur noch als neutrale Informationen vor. Wie dieses Zensurverfahren im Gehirn abläuft, wurde erst in den letzten Jahren genauer erforscht. Wozu es dient, zeigt sich nur allzu deutlich, wenn der Mechanismus einmal ausfällt oder erlahmt. Negative Erinnerungen an schlechte Kindheit, abgebrochenes Studium, verlorene Jobs oder gescheiterte Ehen mitsamt dem Frust von gestern abend brechen dann ungemildert auf das Individuum herein und veranlassen es zu dem klassischen Satz der Depressiven: „Es hat doch alles keinen Sinn.“ Allerdings gibt es auch Situationen, in denen selbst das gesunde Gehirn die Umwertung nicht mehr bewältigt und ein negativer Überschuß den weiteren Lebenspfad empfindlich belastet. Wenn beim Autounfall Mann und Kinder zu Tode kommen und man die Schuld bei sich selber sucht, so neutralisiert sich die Erinnerung nicht so schnell wie nach einem geplatzten Rendezvous. Zwar ist rational alles „abgeklärt“, der Verlust durch neue Beziehungen notdürftig kompensiert, doch „die Bilder lassen einen nicht mehr los“, wie Traumatisierte es beschreiben. Immer wieder zwingt sie die Erinnerung, die gleichen seelischen Qualen zu durchleben. Was gäbe man dafür, sie einfach auslöschen zu können! Längst wird nach einer Methode geforscht, durch Medikamente unerwünschte Erinnerungen zu tilgen. Das Problem dabei schien vor allem, daß ein bis zwei Stunden nach dem Ereignis die Inhalte ins Langzeitgedächtnis abrutschen und dann für chemische Beeinflussung nicht mehr zugänglich sind. Yadin Dudai vom Weizmann Institute in Rehovot, Israel, ist nun auf einen Zusammenhang gestoßen, der wahrscheinlich weiterführt. Beim aktiven Wiedererinnern kehren die Themen in den „weicheren“ Bereich des Hirns zurück. Und sie müssen, um wirksam, also traumatisch zu bleiben, erneut tief verankert werden. Wenn es gelänge, die Erinnerungen abzufangen, genau einzukreisen (um unerwünschten Gedächtnisverlust zu verhindern) und durch Psychopharmaka zu „löschen“, dann wäre eine wirksame Medizin gefunden, wie Dudai in der neuesten Ausgabe von Science berichtet. Die Vorstellung, mit dem Gehirn eines Tages verfahren zu können wie mit der Festplatte eines Computers, dürfte allerdings den Gesunden eher einen Schrecken einjagen.