Die finstersten Befürchtungen haben sich nicht bestätigt. Es wurde zwar keine Eröffnungsfeier, die vor Patriotismus und Hollywood-Inszenierung nur so triefte, aber dennoch leisteten sich die Amerikaner bei der Durchführung ihre Eigenheiten. Konnte man über das pathetische Hereintragen der zerschlissen Fahne vom „Ground-Zero“ und einer für die „Opfer des Terrors“ eingerichteten Schweigeminute noch verständnisvoll hinwegsehen, hatte der Brezel-Präsident jedoch noch einen Joker des Anstoßes im Ärmel: „Stellvertretend für eine stolze, entschlossene und dankbare Nation: Ich erkläre die Spiele von Salt Lake City zur Feier der Olympischen Winterspiele für eröffnet.“ Der erste Satz wurde ohne Absprache mit dem Internationalen Olympischen Komitee eigenmächtig vorangestellt und signalisierte allen Völkern: „Und wir machen doch, was wir wollen.“ Unwillkürlich kommt die Frage auf, warum Georg W. Bush inmitten seiner Sportler stehend (was auch bisher nie dagewesen ist) einen solchen Satz als nötig erachtet. Selbst bei den so als „mißbraucht“ gescholtenen Spielen von 1936 hatte man nicht in Eigenregie die Zeremonie der Feierlichkeiten verändert. Hat es die Supermacht wirklich nötig, zu Sportspielen solche Töne anzuschlagen? Vor allem: Sind sie gerechtfertigt, wenn man sich gerade anschickt, in bester Kriegsmanier von der „Achse des Bösen“ zu sprechen, Truppen zu schicken und Feldzüge durchzuführen? Pierre de Coubertin hätte wohl kaum Gefallen gefunden an solchem Stolz und solcher Entschlossenheit, zur selben Zeit Krieg zu führen.