DÜSSELDORF. Die Jugendkriminalität in Nordrhein-Westfalen hat drastisch zugenommen. Das hat eine neue Studie der Universität Köln und des Landeskriminalamts gezeigt, die Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag vorgestellt hat.
Auch Kinder tauchen immer häufiger unter den Tatverdächtigen auf. Besonders auffällig ist die wachsende Zahl von Angriffen auf Lehrer, Polizisten und Rettungskräfte. Deutlich ist auch der Anstieg der Kriminalität bei Kindern mit Migrationshintergrund.
Über mehrere Monate befragten die Forscher rund 3.800 Schüler der 7. und 9. Klassen an 27 Schulen in Gelsenkirchen, Marl und Herten. Das Resultat ist ernüchternd: Gewalt, Haß, Respektlosigkeit – und immer jüngere Täter. Studienleiter Professor Clemens Kroneberg erklärt die Entwicklung auch mit den Folgen von Corona und der Allgegenwart sozialer Medien: „Während Covid gab es mehr familiäre Gewalterfahrung, dadurch steigt das Risiko, selbst gewalttätig zu werden.“
Migranten und Mädchen immer häufiger auffällig
Hinzu komme, daß in vielen Schulen Regeln kaum noch durchgesetzt würden. „Schüler erleben heute, daß Regelverstöße ohne Konsequenz bleiben. Lehrer greifen immer seltener ein“, erklärt der Wissenschaftler. „Das senkt die Hemmschwelle, selbst gegen Normen zu verstoßen.“ Auch Reul sieht in der zunehmenden Disziplinlosigkeit ein zentrales Problem: „Wenn Kinder und Jugendliche glauben, sie können machen, was sie wollen, muß man das ändern.“
Während bei deutschen Schülern im Alter von elf bis dreizehn Jahren die Zahl der registrierten Straftaten zwischen 2013 und 2024 um 17 Prozent zurückging, stieg sie bei ausländischen Schülern in den drei untersuchten Städten im dreistelligen Prozentbereich. Reul betonte, es sei „kein Zufall, daß viele der Tatverdächtigen in problematischen Milieus“ aufwüchsen, in denen Gewalt als Mittel der Konfliktlösung gelte.
Auch Mädchen holen auf: Ihre Straftaten unter 14 Jahren nahmen in Gelsenkirchen, Marl und Herten seit 2013 um fast 150 Prozent zu, bei Jungen um 104 Prozent. „Mädchen scheinen freier mit Aggressionen umzugehen – vielleicht auch eine Art von Gleichberechtigung“, meint Kroneberg.
Der Innenminister warnt vor einem „System der Straflosigkeit“. Kinder unter 14 Jahren seien strafunmündig, Polizei und Justiz stünden machtlos da. Reul fordert daher eine gesellschaftliche Debatte über die Altersgrenze: „Wenn Kinder und Jugendliche glauben, sie können machen, was sie wollen, ohne daß etwas passiert, muß man das ändern.“ Kindergefängnisse nach schwedischem Vorbild lehnt er jedoch ab. (rr)






