ESSEN. Inmitten der größten Wirtschaftskrise Deutschlands seit Ende des Zweiten Weltkrieges sind Pläne zum Radikal-Umbau des Traditionsunternehmens Thyssenkrupp bekannt geworden. Laut einem Bild-Bericht will der Vorstand um seinen Vorsitzenden Miguel López den Stahlkonzern in eine Finanzholding umbauen.
Auf dieser Basis soll Thyssenkrupp zerschlagen und zahlreiche Teile verkauft werden. Auch von Stahlwerken wie in Duisburg möchte man sich trennen. Die Zentrale in Essen soll demnach von 500 auf 100 Mitarbeiter geschrumpft werden: Vier von fünf Angestellten müssen gehen. „Übrig bleibt nur eine Dachgesellschaft ohne Inhalt“, zitiert die Zeitung einen Insider.
Darüber hinaus sind weitere Stellenstreichungen in der Verwaltung, wo derzeit noch 1.000 Menschen beschäftigt sind, geplant. Aufgrund der hohen Energiepreise in Deutschland sind zahlreiche Unternehmen der Branche unter Druck.
Thyssenkrupp steht für Deutschlands Aufstieg
Thyssenkrupp, das Deutschland damals noch als getrennte Unternehmen Krupp und Thyssen mit seiner Stahlproduktion in die Industrialisierung führte, will sich von der traditionsreichen Sparte nun völlig trennen. In den Hochöfen von Krupp (gegründet 1811) und Thyssen (1891) wurde das Eisen geschmolzen, mit dem der Aufstieg des Landes zur Industrienation im 19. Jahrhundert rasant Fahrt aufnahm.
Vor 25 Jahren fusionierten beide Konzerne. Der Handel mit dem Metall wird nun beendet. Der Stahlbereich mit 16.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zuletzt 12,1 Milliarden Euro soll an den tschechischen Geschäftsmann Daniel Křetínskýan veräußert werden.
„Thyssenkrupp wird praktisch aufgelöst“
Auch die Autozulieferer-Sparte soll geschlossen oder verkauft werden. „Nur ein Rumpf bleibt im besten Fall“, sagte ein Manager der Zeitung. Die Pläne müssen zwar noch vom Aufsichtsrat gebilligt werden. Aber: „Größere Widerstände sind nicht zu erwarten – es sollte also so durchgehen“, hieß es aus dem Unternehmen.
Von dem Konzern mit einst 200.000 Mitarbeitern soll nur das Geschäftsfeld „Grüne Technologien“ verbleiben. Das allerdings, so berichteten Insider der Bild-Zeitung, sei zu klein, um eigenständig überleben zu können. „Am Ende wird Thyssenkrupp praktisch aufgelöst“, sagten, wie das Blatt schreibt, „hochrangige Quellen aus dem Unternehmen“.
Eine offizielle Stellungnahme gab der Konzern bisher nicht ab. (fh)