LONDON. Nach US-Vizepräsident J. D. Vance hat nun auch das britische Nachrichtenmagazin The Economist die eingeschränkten freiheitlichen Rechte in der Bundesrepublik kritisiert. Unter der Überschrift „Die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland“ macht es die demokratischen Zustände zwischen Oder und Rhein zu einem großen Thema. Das Medium wird weltweit vor allem von Multiplikatoren sowie politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern gelesen.
Der Untertitel des umfangreichen Artikels lautet: „Eines der freiesten Länder der Welt zerhämmert seinen eigenen Ruf“. Das Magazin schlägt Alarm, weil Gesetze, Urteile und der Umgang der Politik mit Kritik „in einer liberalen Demokratie Fragen aufwerfen“.
Anlaß des Berichts ist der Fall David Bendels. Der Chefredakteur des AfD-nahen Deutschland-Kurier war zu sieben Monaten Gefängnis auf Bewährung und einer hohen Geldstrafe verurteilt worden. Zudem muß er bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) um Entschuldigung bitten. Sein Vergehen: Er hatte ein Meme erstellt, auf dem die Regierungspolitikerin ein Schild mit der Aufschrift „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ in den Händen hält.
Gesetz gegen Meinungsfreiheit kritisiert
Für The Economist sind „solche Bilder in den sozialen Medien alltäglich“. Der Prozeß gegen Bendels habe nicht nur internationale Aufmerksamkeit erregt. Das Urteil „hat auch viele Beobachter in einem Land schockiert, dessen Verfassung die freie Meinungsäußerung und Verbreitung von Ansichten garantiert – ausdrücklich auch in Bildform“, heißt es.
Das Magazin ordnet die Vorgehensweise in die Gesetzgebung und Rechtsprechung der vergangenen Jahre ein. Es kritisiert, daß Gerichte laut dem Paragraphen 188 Strafgesetzbuch „besonders streng bestrafen“ dürfen, wenn die Arbeit von Politikern „erheblich beeinträchtigt“ werde. Das Gesetz hatte noch die schwarz-rote Regierung von Angela Merkel (CDU) in den letzten Wochen ihrer Amtszeit 2021 durchgesetzt.
Unter der Ampel-Koalition erstatteten dann vor allem die Grünen-Minister Robert Habeck und Annalena Baerbock tausende Anzeigen, um auf diese Weise Kritik zu unterdrücken. Es kam zu zahlreichen Hausdurchsuchungen. Auch CDU-Chef Friedrich Merz schickte die Polizei zu einem Kritiker los, der ihn als „Suffkopf“ bezeichnet hatte.
Bundesregierung will Hoheit über die Wahrheit
The Economist warnt nun mit Blick auf den Koalitionsvertrag, „es könnte noch schlimmer kommen“. In dem Bericht heißt es: „Die Regierungsvereinbarung der neuen Koalition in Deutschland sieht vor, eine Regulierungsbehörde zu stärken, die gezielte ‚Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen‘ bekämpfen soll.“
Meinungsfreiheit bedeutet aber, daß niemand bestimmen kann, welche Behauptung wahr oder unwahr ist. Viele vermeintliche Wahrheiten aus der Corona-Zeit, die die Regierung verbreitete, haben sich inzwischen als falsch herausgestellt. Und die Behauptungen der Kritiker waren richtig.
Die Entwicklung, wie die Meinungsfreiheit in Deutschland von den Regierenden bekämpft werde, sei laut dem britischen Magazin bedenklich. Der Artikel zitiert auch das Ergebnis einer Allensbach-Umfrage von 2024, laut der sich nur noch 40 Prozent der Deutschen trauen, ihre Meinung frei äußern zu können – ein historischer Tiefstand. „Die Zahl hat sich seit 1990 halbiert“, schreibt The Economist. (fh)