BERLIN. Die frühere RAF-Terroristin Silke Maier-Witt hat Kritik an den bis heute uneinsichtigen RAF-Mitgliedern Daniela Klette und Burkhard Garweg geübt. Die beiden seien Rentner gewesen, „die ihren Lebensunterhalt finanzierten, indem sie Leute überfallen und traumatisiert haben“, sagte Maier-Witt im Interview mit dem Stern, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. „Das ist nicht revolutionär. Das ist nur traurig.“
Klette, Garweg und Volker Staub wird vorgeworfen, über Jahre Geldtransporter und Supermärkte überfallen zu haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren. Klette konnte im Februar 2024 festgenommen werden, nachdem sie jahrelang ein unbehelligtes Leben in Berlin geführt hatte. Ihr Prozeß beginnt Ende März.
Maier-Witt vergleicht die RAF mit der SS
Garweg, der lange in einem Bauwagen gelebt haben soll, konnte sich hingegen rechtzeitig aus dem Staub machen. Im Dezember meldete er sich mit einem offenen Brief voller revolutionärer Rhetorik in der taz zu Wort. Maier-Witt reagierte darauf nun mit Spott: „Der Garweg mit seinen Bauwagengeschichten auf einer Bühne mit den großen Revolutionären! Das ist schon wieder lustig, oder?“
Das Vorgehen der RAF verglich Maier-Witt in dem Interview mit der SS. Unter Bezugnahme auf die Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer durch die RAF im Jahr 1977 sagte sie: „Es ist alles so irre: Schleyer wurde von uns auch wegen seiner Vergangenheit in der SS als Opfer ausgewählt. Später habe ich gelesen, daß unsere Leute ihn von hinten mit Genickschuß getötet haben sollen. Da habe ich gedacht: Das sind SS-Methoden, da bist du jetzt also angekommen. Das ist das Bittere: Wir wollten alles anders machen – aber am Ende waren wir wie die SS.“
Die RAF bot ein gutes Gefühl
Warum ging Maier-Witt überhaupt zur RAF? Es sei ihr anscheinend um das gute Gefühl gegangen, führte sie im Interview aus: „Jetzt kann ich Verantwortung abgeben, ich bin bei denen, die wissen, was zu tun ist. Und wenn ich deren Aufgaben erfülle, werde ich von der Gruppe angenommen, aufgenommen.“
Der höheren Mission ordnete die heute 75jährige dabei alles unter. So ließ sie noch vor ihrem Abtauchen ihr Kind abtreiben, weil ein Leben mit Kind im Untergrund nicht vorstellbar gewesen sei. „So waren wir alle. Um töten zu können, haben wir alles in uns abgetötet.“
Maier-Witt ist in Sorge um die Demokratie
Auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland veröffentlichte am Mittwoch ein Interview mit Maier-Witt. Darin zeigte sie sich besorgt über die aktuelle politische Lage in Deutschland. Sie glaube, „daß selbst wir Alten uns noch mal für Demokratie stark machen müssen“. Auf die Frage, wo sie sich heute engagieren würde, sagte sie, sie finde die „Omas gegen rechts“ interessant, könne sich aber auch Vorlesen „oder Deutschunterricht für Kinder von Migranten“ vorstellen.
Maier-Witt war 1977 zur Roten Armee Fraktion gestoßen und hatte nach eigener Aussage unter anderem Waffendepots angelegt und Anschlagsziele ausgekundschaftet. Sie war an der Geiselnahme Schleyers im selben Jahr beteiligt. 1979 mußte Maier-Witt den harten RAF-Kern nach eigenen Angaben verlassen und tauchte in der DDR unter. Mitte Februar erschien ihr Buch „Ich dachte, bis dahin bin ich tot. Meine Zeit als RAF-Terroristin und mein Leben danach“. (ser)