WIEN. Nach knapp 100 Tagen ziehen sich die Neos aus den Verhandlungen mit der ÖVP und SPÖ zurück. Laut Informationen der Zeitung Heute basiert der Schritt auf der Steuerpolitik der SPÖ, die immer wieder auf höhere Abgaben drängte. Alles schien nur noch eine Frage von Details zu sein, schon kommende Woche plante Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) seine neue Bundesregieung vorzustellen. Was passiert nun?
Falls die Neos tatsächlich aussteigen, könnte die politische Lage in Österreich völlig ins Chaos stürzen. Denn die ÖVP und die SPÖ haben schon früh eine Koalition mit der FPÖ oder Herbert Kickl ausgeschlossen, womit nur noch eine Dreierkoalition in Frage kam. Mit den Grünen wollte die Volkspartei nicht mehr, also wurden die Neos gefragt.
Obwohl theoretisch eine Neuauflage der „Großkoalition“ zwischen ÖVP und SPÖ möglich wäre, würde diese nur mit einer knappen Mehrheit im Parlament durchkommen. Doch auch das Burgenland hat Vertreter im Nationalrat, und SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil äußerte sich zuletzt entschieden gegen eine Ampelkoalition. Mehr noch: Nach dem historisch schlechten Wahlergebnis der SPÖ sei für diese „kein Platz in der Regierung“ mehr.
Kommt doch Kickl zum Zug?
Was bleibt als Option? Neuwahlen? Ein Kanzler Kickl? Falls sich ÖVP und SPÖ gegen die „GroKo“ entscheiden, könnte die FPÖ unter Herbert Kickl wieder eine Rolle spielen. In diesem Fall müßte Karl Nehammer beim Bundespräsidenten zum Rapport antreten. Dieser könnte dem blauen Spitzenpolitiker dann doch noch den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen.
Doch diese Möglichkeit scheint eher unwahrscheinlich: Van der Bellen hatte Kickl nach dessen Entlassung als Innenminister bereits einen solchen Auftrag verweigert. Somit rückt als letzte Option wohl nur noch die Durchführung von Neuwahlen in den Fokus. (rr)