BERLIN. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat laut einem Bericht aktiv verhindert, daß die Corona-Risikoeinstufung Anfang 2022 herabgesetzt wurde. Diese Entscheidung hält er auch rückblickend für gerechtfertigt. Nach Recherchen von Journalisten plante das Robert-Koch-Institut (RKI) damals, die Risikobewertung von „sehr hoch“ auf „hoch“ zu senken. In einer E-Mail vom 3. Februar 2022 schrieb der damalige RKI-Präsident Lothar Wieler an Lauterbach: „Wir sehen in naher Zukunft eine Reduktion von ‚sehr hoch‘ auf ‚hoch‘ vor, da die Krankheitsschwere von Omikron geringer ausfällt als die von Delta.“
Lauterbach lehnte dies jedoch ab. In seiner Antwort erklärte er, die Herabstufung sei problematisch, da sie den weiterhin hohen Fallzahlen widerspräche und kurz vor der anstehenden Ministerpräsidentenkonferenz ein falsches Signal senden würde.
Lauterbach steht zu seinem Vorgehen
In Protokollen des RKI-Corona-Krisenstabs, die im Sommer 2023 öffentlich wurden, ist am 9. Februar festgehalten, daß eine Herabstufung „politisch nicht gewünscht“ sei. Am 25. Februar sei dokumentiert, daß das Bundesgesundheitsministerium die Änderung der Risikobewertung abgelehnt habe. Lauterbach verteidigte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung gemeinsam mit WDR und NDR sein Vorgehen: „Es gibt einen Unterschied zwischen fachlichem Austausch und politischer Einflußnahme. Als dem Ministerium nachgeordnete Behörde unterliegt das RKI meiner Fachaufsicht. Diese beinhaltet auch, Entscheidungen kritisch zu prüfen.“ Einfach nur zuzustimmen, wäre seiner Ansicht nach keine angemessene Fachaufsicht gewesen.
Auf der Plattform X ergänzte Lauterbach: „Im Februar 2022 die Risikostufe herabzusetzen, während noch Hunderte Menschen täglich an Covid starben, wäre ein Fehler gewesen.“ Daher sei es richtig gewesen, die Herabstufung zu verschieben. (rr)