BERLIN. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat vor einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels in Deutschland gewarnt. „Viele Unternehmen blicken mit Sorge in die Zukunft“, mahnte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks am Mittwoch bei der Vorstellung des „DIHK-Reports Fachkräfte 2023/2024“, der dieses Jahr unter dem Motto „Fachkräftemangel gefährdet Transformation und Innovation“ erschien.
Die Personalengpässe beträfen die Breite der Wirtschaft und zögen sich mittlerweile durch nahezu alle Branchen und Berufe, berichtete der DIHK-Funktionär Dercks über die Lage der deutschen Wirtschaft. „Die Fachkräftesituation bleibt sehr kritisch. Das gilt nicht nur für die direkt betroffenen Betriebe, sondern auch für unseren Wirtschaftsstandort insgesamt.“ In einige Branchen sei mittlerweile nicht mehr nur von „Lücken bei Fachkräften“, sondern von einem allgemeinen Mangel an Arbeitskräften die Rede.
Kürzere Öffnungszeiten, längere Wartezeiten, schlechterer Service
In der deutschen Gesamtwirtschaft blieben aktuellen Schätzung zufolge 1,8 Millionen Stellen unbesetzt. „Mehr als 90 Milliarden Euro an Wertschöpfung gehen damit in diesem Jahr rechnerisch verloren“, erläuterte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer das Ausmaß des Fachkräftemangels. Das entspreche mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Nur ein Fünftel der nach Arbeitskräften suchenden Betriebe habe derzeit kein Problem damit, offene Stellen zu besetzen. 82 Prozent der Studienteilnehmer erwarteten deshalb negative Folgen für ihr eigenes Unternehmen. 40 Prozent müssen ihr Angebot einschränken und verlieren Aufträge; und auch reduzierte Öffnungszeiten, lange Wartezeiten auf Termine oder Einbußen beim Service sind keine Seltenheit mehr.
Nur knapp die Hälfte der Unternehmen will Personal aus Drittstaaten
„Bei wichtigen Zukunftsaufgaben wie Klimaneutralität, Digitalisierung, Elektromobilität und Gesundheitsversorgung können wir nur schnell vorankommen, wenn die Fachkräfte dafür da sind. Deshalb müssen wir an dieser Stelle mehr tun, um den Wohlstand des ganzen Landes über den Tag hinaus abzusichern“, zeigte sich DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks alarmiert.
Nur etwa die Hälfte der befragten Unternehmen konnte sich jedoch vorstellen, Menschen aus Drittstaaten einzustellen. 62 Prozent verwiesen dabei auf Sprachbarrieren und einen Mehraufwand an Bürokratie. „Monatelange Wartezeiten auf einen Visumtermin, in der Post stecken gebliebene Unterlagen, fehlende Ansprechpartner in der Ausländerbehörde – all das muss der Vergangenheit angehören“, verlangte der Handelskammer-Funktionär.
DIW-Studie: Migranten arbeiten immer öfter als Fachkräfte
Unterdessen will das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in zwei Studien herausgefunden haben, daß nach und nach immer mehr von den in den Jahren 2015 und 2016 ins Land gekommenen Migranten als Fachkräfte arbeiten. „Die Erwerbsbeteiligung der betrachteten Geflüchteten ist mit der Zeit deutlich gestiegen“, kommentierten die Ökonomen ihre Erkenntnisse am Mittwoch in einer Pressemitteilung.
Arbeitsmarkt und Integration
1. Studie: Geflüchtete finden häufiger Jobs und steigen häufiger von der Hilfs- zur Fachkraft auf.
Sprache und Weiterbildung sind entscheidend u. sollten weiter angeboten, aber auch genutzt werden:https://t.co/eCztq6rotK @iab_news @BAMF_Dialog pic.twitter.com/x4Yy4Us9gX— DIW Berlin (@DIW_Berlin) November 29, 2023
Insbesondere Männer hätten 2020 im Vergleich zu 2016 häufiger einen Beruf ausgeübt, allerdings nur zu einem Anteil von 55 Prozent. Frauen hingegen seien auch 2020 nur zu 17 Prozent einer Arbeit nachgegangen. (fw)