BRÜSSEL/PARIS. Zwei Tage nach Beginn der Ausschreitungen in Paris hat die Gewalt nun auch die belgische Hauptstadt erreicht. Es habe Zusammenstöße zwischen Randalierern und der Polizei, sowie mehrere Fälle von Brandstiftung gegeben, berichtet die belgische Nachrichtenagentur Belga. Die Ordnungskräfte nahmen etwa 30 Personen fest.
Besonders im zentral gelegenen Viertel Anneessens sollen Jugendliche randaliert haben. Belgische Medien zeigten dabei Bilder eines brennenden Autos. Zuvor war in sozialen Netzwerken dazu aufgerufen worden, sich anläßlich der französischen Proteste auch in Belgien zu versammeln.
Mehr als 600 Festnahmen in Frankreich
In Frankreich kam es in der dritten Nacht in Folge zu Ausschreitungen. In Paris, Marseille, Lyon, Pau, Toulouse und Lille wurden Gebäude in Brand gesetzt und Polizisten sowie Feuerwehrleute attackiert.
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Insgesamt 667 Menschen wurden vergangene Nacht von der Polizei festgenommen. Innenminister Gérald Darmanin veröffentlichte eine Nachricht auf Twitter. „Letzte Nacht haben sich unsere Polizisten, unsere Gendarmen und Feuerwehrmänner mutig einer selten gesehen Gewalt gegenübergestellt.“
Cette nuit, nos policiers, gendarmes et sapeurs-pompiers ont encore fait face, avec courage, à une rare violence.
Conformément à mes instructions de fermeté, ils ont procédé à 667 interpellations.
— Gérald DARMANIN (@GDarmanin) June 30, 2023
Industriegebäude in Roubaix kollabiert
Im Pariser Stadtviertel Nanterre wurde zudem eine Bankfiliale angezündet. Obwohl die Flammen auf eine darüberliegendes Wohnhaus übergriffen, konnte die Feuerwehr den Brand löschen, ohne daß Menschen zu Schaden kamen. In Grenoble wurde ein Bus mit Feuerwerkskörpern beschossen, die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe legten daraufhin die Arbeit nieder.
Auch ein Hotel in der nordfranzösischen Stadt Roubaix wurde in Brand gesteckt. Ein altes Industriegebäude, das heute Büros beherbergt, ist nach einem Feuer komplett zusammengebrochen.
Mutter von getötetem Jugendlichen vermutet rassistisches Motiv
Die Mutter des 17jährigen Nahel, der am Dienstag bei einem Polizeieinsatz zu Tode kam, gab unterdessen ihr erstes Medieninterview. Sie gehe davon aus, daß der Polizist ihren Sohn aus rassistischen Motiven erschossen habe, sagte sie. „Er hat das Gesicht eines Arabers gesehen, eines kleinen Jungen und wollte ihm das Leben nehmen.“ Ihr Sohn hatte bei der Verkehrskontrolle versucht, einen Polizisten zu überfahren.
Der Polizist, der den tödlichen Schuß abgefeuert hatte, entschuldigte sich nach Aussage seines Anwalts bei der Familie von Nahel. Sein Klient habe im Gewahrsam erstmals das Video gesehen und sei „extrem erschrocken von der Gewalt“ gewesen. „Er ist am Boden zerstört. Er steht nicht morgens auf um Menschen zu töten. Er wollte nicht töten.“ Der Anwalt kündigte an, Widerspruch gegen die Untersuchungshaft einzulegen. (lb)