BRÜSSEL. Der stellvertretende Generaldirektor des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung, Andreas Schwarz, hat kritisiert, daß seine Behörde nicht gegen EU-Abgeordnete ermitteln darf. Dabei sind die 420 Mitarbeiter fast überall im Einsatz; sie überprüfen auch die Einhaltung der Rußland-Sanktionen und bekämpfen die Korruption in der Ukraine. Nur im Europa-Parlament sind sie unerwünschte Personen.
Der Welt sagte Andreas Schwarz: „Wir können Durchsuchungen vornehmen, Computerdaten auswerten und Zeugen befragen. Aber das EU-Parlament sperrt uns aus, wenn unsere Ermittlungen Abgeordnete betreffen.“
In solchen Fällen gewähre man ihm und seinen Mitarbeitern „keinen Zugang zu den Büros der Politiker, läßt uns nicht auf ihre Laptops schauen“. Begründet werde das mit der Immunität. Zuletzt waren mehrere Abgeordnete und deren Mitarbeiter, darunter die Vize-Parlamentspräsidentin Eva Kaili, in eine Schmiergeldaffäre verwickelt. Sie hatten sich mutmaßlich von Katar und Marokko bestechen lassen.
EU-Parlament ermittelt lieber selbst
Daß sein Amt dabei nicht ermitteln darf, versteht Schwarz nicht: „Politische Immunität soll dafür sorgen, daß Abgeordnete ihr Amt frei und unabhängig ausüben können. Das Ziel ist, sie vor Einschüchterungsversuchen zu schützen.“ Es könne aber „nicht darum gehen, alle Arten von Ermittlungen zu vermeiden“. Das habe wenig mit dem ursprünglichen Sinn von Immunität zu tun.
Schwarz sagte, er wünsche sich, daß sein Amt „für begründete Ermittlungen, die EU-Abgeordnete betreffen, vollen Zugang zum Parlament erhält“. Es sei auch im Interesse des Parlaments, „uns hinzuzuziehen, wenn ein Verdacht von Fehlverhalten besteht“. Eine solche Untersuchung habe mehr Glaubwürdigkeit – „und auch eine ziemlich abschreckende Wirkung“. Bisher habe sich das EU-Parlament die Aufklärung von Korruptionsfällen selbst vorbehalten. (fh)