BRASILIA. In der brasilianischen Hauptstadt Brasilia haben gestern tausende Menschen im Anschluß an eine Demonstration für den abgewählten rechten Präsidenten Jair Bolsonaro die Gebäude der wichtigsten Verfassungsinstitutionen gestürmt. Sie gelangten ins Parlament, den Präsidentenpalast sowie den Obersten Gerichtshof und richteten dort Verwüstungen an.
Die Polizei bekam den Mob zunächst nicht in den Griff, wurde von den Erstürmungen überrascht. Einige sollen Beamte sollen mit den Demonstranten sympathisiert haben und sie deswegen nicht aufgehalten haben. Erst später traf Verstärkung ein. Mit Tränengas und Blendgranaten gingen die Beamten gegen die Eindringlinge vor, die unter anderem Mobiliar durch Fenster warfen. Auch Hubschrauber waren im Einsatz. Die Gebäude sind inzwischen geräumt. Menschen wurden nicht getötet.
🚨BREAKING NEWS
Radical far-right groups supporting former President Jair Bolsonaro raid Brazil’s Congress in Brasília. The images coming from the capital show scenes that look like the 2021 U.S. Capitol riot. pic.twitter.com/FeEJRnYlO3
— The Brazilian Report (@BrazilianReport) January 8, 2023
Der neue sozialistische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva befand sich zum Zeitpunkt des Angriffs nicht in der Hauptstadt. 3000 der Bolsonaro-Anhänger waren zuvor mit Bussen in die Hauptstadt gefahren, um an einer Demonstration teilzunehmen. Andere hatten im Regierungsviertel bereits seit Tagen gecampt. Die Protestierer trugen vielfach Trikots der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft und schwenkten brasilianische Fahnen.
Bolsonaro-Anhänger: Lula will Zensur einführen
Seit dem extrem knappen Wahlsieg Lulas sprechen Bolsonaros Anhänger von Wahlbetrug. Dessen Partei focht das Ergebnis an. Zuletzt spitzte sich die Situation weiter zu, als eine Initiative von dem neuen Präsidenten ergebenen Juristen erklärte, Bolsonaro jegliche weitere politische Aktivität untersagen und ihm den Prozeß machen zu wollen. Ein Gesetz gegen „Fake News“ soll zudem die Meinungsfreiheit einschränken. Nicht nur die Anhänger des Ex-Präsidenten, sondern auch Verfassungsjuristen sehen darin ein Instrument der Zensur.
Die angekündigten Maßnahmen gegen die Opposition hatte die Wut im rechten Lager weiter gesteigert. Dieses forderte das Militär zu einem Putsch auf, um die „Demokratie zu retten“. Bolsonaro, Ex-General der brasilianischen Armee, war bereits vor der Amtsübergabe an Lula nach Florida ausgereist. Von dort aus hat er gestern den Sturm auf die Gebäude im Regierungsviertel verurteilt. (fh)