Nach dem Corona-Rettungsschirm sollen Bürger und Unternehmen des Landes nun ein weiteres Mal gegen eine Krise abgesichert werden – vom doppelwummsenden Staat, der diesmal 200 Milliarden Euro für ein Entlastungspaket auf den Pokertisch schiebt. Damit soll eine Gas- und Strompreisgrenze gesetzt werden. Während die Umsetzung noch strittig ist, sind schon die ersten Jubelgesänge zu vernehmen: Trotz dieser massiven Injektion öffentlicher Schulden in den Wirtschaftskreislauf werde die Inflation begrenzt.
Tatsächlich werden die Kosten für die Unternehmen, die auf breiter Front Strom und Gas für die Produktion einsetzen, weniger hoch sein als in einem Szenario ohne Staatseingriff. Diese Kostenvorteile können je nach Ausgestaltung der beiden Bremsen erheblich sein, stiegen die Energiepreise doch im September um 43,9 Prozent verglichen mit dem Vorjahresmonat. Auch bei den Erzeugerpreisen, deren historisches Hoch im August mit plus 45,8 Prozent dreimal so hoch war wie in der ersten Ölkrise in den 1970er Jahren, könnte eine gewisse Beruhigung eintreten.
Dynamik wird weiter angeheizt
Leider bleibt die Anti-Inflationspolitik der Bundesregierung Stückwerk. Während an der Energiefront die Dynamik erst einmal abgebremst wird, wird sie an anderer Stelle angeheizt. In erster Linie gilt das für die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 12 Euro je Arbeitsstunde. Zusätzlich wird „Hartz IV“ durch ein deutlich höheres und bequemeres Bürgergeld ersetzt werden.
Beides zusammen zwingt die Arbeitgeber zu enormen Lohn-erhöhungen im Niedriglohnsektor, um überhaupt noch Mitarbeiter zu gewinnen. Das Angebot an Atomstrom wird gedrosselt. Steigende Krankenkassenbeiträge absorbieren die Entlastungen bei der Einkommenssteuer. Temporäre Maßnahmen wie das Aussetzen der nächsten Stufe der CO2-Steuer und die reduzierte Umsatzsteuer auf Erdgas können die Inflationserwartungen nicht aufhalten.
Trotz der auf Pump finanzierten Rettungspolitik werden derartige Löcher in die Haushaltskassen der Deutschen gerissen, daß diese sich das Geld in Tarifverhandlungen zurückholen werden, mit dem absehbaren Ergebnis einer Lohn-Preis-Spirale. Überhaupt ist das Herumschrauben an einzelnen Preisen lediglich ein Lindern der Symptome, während die üppige und expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank nur zögerlich korrigiert wird.
Neue Staatsschulden durch Entlastungspaket
Der Preis dieser aberwitzigen Energiepolitik ist enorm. Wie schon bei „Corona“ drohen die Nebenwirkungen der Medizin schlimmer zu werden als die Krankheit selber. Die neuen Staatsschulden in Höhe von 200 Milliarden Euro werden die öffentliche Schuldenquote mit einem Schlag auf neue Rekordhöhen hieven. Machten die expliziten, am Kapitalmarkt finanzierten Schulden im Jahre 2019 noch rund 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus, so belaufen sie sich nach Schätzung des Ökonomen Hans-Werner Sinn durch Corona, das „Sondervermögen“ Bundeswehr, die reguläre Neuverschuldung und den deutschen Beitrag am EU-NextGeneration-Fonds schon bald auf rund 89 Prozent des BIP; nunmehr kommen weitere fünfeinhalb Prozentpunkte hinzu.
Damit dürfte Deutschland bald schon eine öffentliche Schuldenquote von circa 95 Prozent des BIP aufweisen, das im kommenden Jahr wahrscheinlich um circa 0,4 Prozent schrumpft. Anders ausgedrückt: Bald wird ein Drittel der deutschen Schuldenquote allein aus den vier Wumms-Jahren 2020 bis 2023 herrühren, verglichen mit zwei Dritteln aus den 70 Nachkriegsjahren 1949 bis 2019. Bei dieser Dynamik nähern wir uns mit rasantem Tempo Frankreich und Italien an; lediglich das krisengeschüttelte Griechenland liegt mit über 200 Prozent öffentlicher Schuldenquote uneinholbar vorne in der Europaliga des Harakiri.
Bazookarepublik Deutschland
Werfen wir einen Blick auf das in der Corona-„Pandemie“ viel gescholtene Schweden. Die Skandinavier verzeichneten 2020 eine öffentliche Schuldenquote von 39,6 Prozent; nach 35 Prozent im laufenden Jahr dürfte sie im Jahr 2023 um zwei weitere Prozentpunkte abnehmen. Die gesamte, über Jahrzehnte akkumulierte öffentliche Schuldenquote Schwedens ist damit niedriger als der Zuwachs in Deutschland innerhalb von nur vier Jahren. Wegen des Verzichts auf Lockdowns und weitere Panikmaßnahmen verzeichnen die Skandinavier auch noch eine bessere Wachstumsdynamik als die Bazookarepublik Deutschland.
Die deutsche Staatschuldenorgie fällt in eine Zeit steigender Zinsen. Sozial- und finanzpolitische Vorkehrungen für die demographische Wende sind nur in Spurenelementen erkennbar. Die Finanzierungsspielräume der jungen Generation und ihrer Kinder werden spürbar eingeengt, eine Verarmung droht. Der Rambo-Staat, der alle Krisen scheinbar mühelos wegwummst, ist ein Riese auf tönernen Füßen.
Mit wachsendem Staatsinterventionismus sinken Wohlstand und Freiheit, wie immer in sozialistischen Ländern. Heere von Staatsdienern werden ausgesandt, um die administrierten Preise zu kontrollieren, Verstöße zu sanktionieren und die korrekte Umsetzung zu sichern. Der höhere Mindestlohn, rigidere Vorschriften im Landwirtschaftssektor, Bürgergeld, was auch immer – die Einhaltung muß gewährleistet werden.
Hausgemachte Krisen
Neue Interventionen kommen hinzu, weil die alten Lücken haben, Lobbyisten neue Ausnahmetatbestände erwirken, (kriminelle) Umgehungstatbestände aktenkundig werden. Der Staat wird im Wettbewerb um die knappen Ressourcen am Arbeitsmarkt kräftig mitbieten und den Fachkräftemangel verschärfen. Schon während der Coronakrise schienen die Staatsdiener wie Pilze aus dem Boden zu schießen, waren doch plötzlich genug Ordnungskräfte, Polizisten und Richter da, um auch nur die kleinsten Verstöße gegen die verhängten Maßnahmen rigoros zu ahnden.
Freie Märkte, freie Bürger: das war einmal. Jetzt kommen regulierte Preise und ein allmächtiger Staat mit angsterfüllten, abhängigen, unfreien Bürgern. Wehe, diese setzen sich zur Wehr: dann werden sie in vorauseilender Denunziation der staatsfeindlichen Hetze bezichtigt, heutzutage „Delegitimierung des Staates“ genannt. Immer mehr Bürger erkennen, daß dieses auf Pump finanzierte Krisen-„Management“ sowohl das Finanzsystem als auch ihre Grundrechte und Freiheiten zu ruinieren droht.
Hausgemachte Krisen durch widersprüchliche Corona-Maßnahmen und Energiewende verschieben die Machtverhältnisse und machen den Staat im Verhältnis zum Bürger mächtig, nahezu unangreifbar und somit ein Stück weit totalitär. In der Demokratie wird die Regierung kontrolliert, im Schuldensozialismus die Opposition.
JF 41/22