BERLIN. Das Bundeszentralamt für Steuern hat im vergangenen Jahr 1,14 Millionen Mal die Kontodaten von Bundesbürgern abgefragt. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf Gerichtsvollzieher, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag. Konkret werden Stammdaten wie etwa Name, Geburtsdatum und Adresse des Bankkunden übermittelt.
Die Zahl der Kontoabfragen durch staatliche Stellen steigt seit Jahren immer weiter an. So wurden 2015 rund 302.000 Abrufe vom dafür zuständigen Bundeszentralamt für Steuern veranlaßt. 2017 stieg die Zahl auf fast 700.000 und durchbrach 2020 erstmals die Millionengrenze.
Ursprünglich eine Antiterror-Maßnahme
Neben den Gerichtsvollziehern interessieren sich insbesondere Finanzbehörden (rund 286.000 Abrufe) und Sozialbehörden (etwa 302.000 Abrufe) für die Kontodaten der Bürger. Dagegen fallen Anfragen der Polizei mit 800 Abrufen oder des Verfassungsschutzes mit 191 Abfragen kaum ins Gewicht.
„Die annähernde Vervierfachung der Abrufzahlen seit 2015 weckt Fragen zur Verhältnismäßigkeit und Rechtfertigung des Kontenabrufverfahrens“, monierte die Unionsfraktion in ihrer Anfrage. Die Bundesregierung dagegen verteidigte die Anfragen dagegen als „erfolgreiches Mittel“, um etwa „Betrug vorzubeugen“ oder Steuern festzusetzen.
Die heimliche Abfrage der Kontodaten durch Behörden ist seit 2005 erlaubt und wurde 2007 vom Bundesverfassungsgericht gebilligt. Ursprünglich sollten damit Geldströme von Terroristen nachverfolgt werden. Der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar monierte bereits 2013: „Das Argument des Kampfs gegen den Terrorismus diente – wie wir jetzt wissen – als eine Art Türöffner zu den Kontodaten.“ (ho)