DRESDEN. Der Politikwissenschaftler Hans Vorländer hat der AfD eine zunehmende Verankerung in den ostdeutschen Bundesländern bescheinigt. Die Partei habe sowohl der Linken als auch der CDU die Rolle der ostdeutschen Interessenvertreterin abgenommen. „Sie inszeniert sie als die Partei ostdeutscher Interessenrepräsentation. Sie kümmert sich – und man kann manchmal sagen, daß sie das auch wirklich tut“, sagte der Dresdner Wissenschaftler am Dienstag im WDR.
Wie Vorländer weiter ausführte, stelle die AfD Kandidaten wie Handwerker, Polizisten und Ingenieure aus der Region zur Wahl auf, die Gemeinschaften vor Ort an sich binden könnten. Damit entwickele die Partei ein ihr affines Milieu, aus dem sie dann schöpfen könne. „Der Resonanzboden ist also da und der führt dann zu solchen Wahlergebnissen.“
Auf die Frage, ob die AfD eine Volkspartei sei, sagte der 67jährige: „Wenn die AfD es auch so anlegt, sich als Vertreterin vernachlässigter und nicht gehörter Bürger gerade des Ostens und diesen Umstand mit einer Erzählung versieht, dann hat man schon den Eindruck, daß die AfD so etwas wie eine Volkspartei ist.“ Sie könne nicht nur ein breit aufgestelltes Programm, sondern auch eine darüber hinaus gehende Erzählung anbieten. Menschen würden die Partei wählen, weil diese ihr Lebensgefühl treffe.
CDU-Politiker beklagen ostdeutsches Negativimage durch AfD
Seit der Bundestagswahl werden die Ergebnisse aus Ostdeutschland diskutiert. Sachsens Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU) erklärte am Dienstag, das starke Abschneiden der AfD im Landkreis Görlitz schade dem Bundesland. „Rückenwind ist es mit Sicherheit nicht.“ Man brauche Rückkehrer und Zuzügler, um Herausforderungen wie den Strukturwandel nach dem Kohleausstieg zu bewältigen. Ein „negatives Image“ nütze der Region da nicht, betonte Schmidt laut der Nachrichtenagentur dpa.
Der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte der Sächsischen Zeitung am Dienstag, die AfD verdanke ihren Erfolg vor allem einer ostdeutschen Protesthaltung. „Sie ist nicht aus sich heraus stark. Es geht ihren Wählern nach wie vor um Protest, vor allem gegen die CDU.“ Die Aversion vieler Ostler gegen westdeutsches Dominanzgebaren, gegen Auswüchse der Modernität, gegen die Energiewende und gegen die Bürokratie im Land habe viele Wähler der AfD zugeführt. „Die Ursachen liegen also tiefer und nicht unbedingt in der Region.“ (fw)