BERLIN. Die Landesrundfunkanstalten der ARD und das ZDF haben angekündigt, wegen der nicht zustande gekommenen Erhöhung der Rundfunkgebühr das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Zuvor hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Gesetzesvorlage für den Medienrechtsänderungsstaatsvertrag zurückgezogen und eine Abstimmung des Landtags darüber verhindert. Die Anhebung um 86 Cent auf 18,36 Euro im Monat (400 Millionen Euro im Jahr) wird damit nicht wie geplant ab 1. Januar 2021 vollzogen.
Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow rechnet sich gute Chancen vor Gericht aus. „Im Verfahren wurde die Beitragsdiskussion mit der Auftragsfrage völlig vermischt, was wir nach der bisherigen Rechtsprechung als unzulässig betrachten“, teilte der WDR-Intendant am Dienstag nachmittag mit.
„Eine Verfassungsbeschwerde ist leider unausweichlich“
Weder Sachargumente noch die unabhängige Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hätten bei Haseloffs Entscheidung eine Rolle gespielt. „Eine Verfassungsbeschwerde ist leider unausweichlich. Ohne die ausreichende, unabhängig ermittelte Finanzierung wird das Programmangebot, das in allen Regionen Deutschlands verwurzelt ist, darunter leiden.“
ZDF-Intendant Thomas Bellut sagte: „Die Beitragsanpassung ist jetzt in Sachsen-Anhalt zu einem politischen Streitthema geworden. Deshalb bleibt dem ZDF leider keine andere Möglichkeit, als das Bundesverfassungsgericht anzurufen.“
CDU muß nun nicht mit AfD stimmen
Mit der Zurücknahme des Medienstaatsvertrags hatte Haseloff verhindert, daß seine Partei im Landesparlament zusammen mit der AfD gegen die Erhöhung der Gebühren stimmen muß. Diese lehnt wie die CDU die Rundfunkgebührenerhöhung ab. Grüne und SPD hatten damit gedroht, die Koalition platzen zu lassen, sollte die CDU auch nur indirekt mit der AfD zusammenarbeiten.
Weil neben den Landesregierungen auch alle 16 Landesparlamente den neuen Medienstaatsvertrag ratifizieren müssen, ist die neue Fassung zunächst vom Tisch. SPD-Fraktionschefin Katja Zähle sagte Zeit Online über Haseloffs Entscheidung, ihre Partei nehme diese zur Kenntnis. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Sebastian Striegel, erklärte: „Unter normalen Umständen wäre dies der Moment, eine solche Koalition zu verlassen. Derzeit sind aber keine normalen Zustände.“ (ls)