BERLIN. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat den Staatsvertrag zur Anhebung der Rundfunkgebühren zurückgezogen. Der CDU-Politiker habe seine Entscheidung am Dienstag in einer Kabinettssitzung mitgeteilt, berichtet die Mitteldeutsche Zeitung. Damit bleibt der Rundfunkbeitrag auch nach dem 1. Januar 2021 bei 17,50 Euro.
Ohne den Medienrechtsänderungsstaatsvertrag hat das Parlament keine Grundlage mehr, um über die Erhöhung abzustimmen. Die Koalitionspartner der CDU im Landtag, Grüne und SPD, hatten Haseloff mit dem Bruch des Regierungsbündnisses gedroht, sollte seine Partei mit der AfD zusammen gegen die Erhöhung stimmen.
SPD und Grüne im Landtag bestätigten Haseloffs Vorstoß. SPD-Fraktionschefin Katja Zähle sagte Zeit Online, ihre Partei nehme die Entscheidung zur Kenntnis. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Sebastian Striegel, erklärte: „Unter normalen Umständen wäre dies der Moment, eine solche Koalition zu verlassen. Derzeit sind aber keine normalen Zustände.“
Länder prüfen rechtliche Schritte gegen Sachsen-Anhalt
Unterdessen prüfen mehrere Bundesländer rechtliche Schritte gegen das Land Sachsen-Anhalt, für den Fall, daß dieses der Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmt. Juristen der saarländischen Landesregierung würden dann eine Verletzung der „Bundestreue“ beanstanden, berichtet das Handelsblattunter Berufung auf Informationen aus der Saarbrücker Staatskanzlei.
Eine Ablehnung des Medienrechtsänderungsstaatsvertrags mißachte die Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten, die eine gegenseitige Rücksichtnahme und Zusammenarbeit geböte, argumentieren die Juristen demnach. Die empfohlene Erhöhung der Rundfunkgebühr um 86 Cent pro Jahr und 400 Millionen Euro im Jahr stamme immerhin von der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Und deren Vorgaben gingen vom Bundesverfassungsgericht aus.
Auch in Bremen und Hessen laufen dem Bericht zu folge juristische Prüfungen. Dort haben kleinere ARD-Anstalten ihren Sitz, die ohne den neuen Medienstaatsvertrag in Geldnot geraten könnten. Dann müßten die Steuerzahler aufkommen, was jedoch gegen die angebliche Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verstoßen würde. Denn dieser wird aktuell nicht durch Steuern, sondern vor allem durch zwangsmäßig erhobene Gebühren finanziert.
Neben dem Klageweg könnten die drei Länder noch auf einem anderen Weg Druck auf die CDU im Magdeburger Landtag ausüben, die bislang weiter daran festhält, wie die AfD gegen die Erhöhung der Rundfunkgebühren zu stimmen. Die saarländische Regierung droht laut Handelsblatt damit, den bislang noch nicht vollständig beschlossenen Glücksspielvertrag auf Eis zu legen.
Auch dieser sei lange verhandelt worden. Schließlich habe man sich darauf geeinigt, die vorgesehene Aufsichtsbehörde mit etlichen Arbeitsplätzen in Sachsen-Anhalt anzusiedeln. Diese sollte am 1. Juli 2021 ihren Dienst aufnehmen. Würde der Glücksspielvertrag aber nicht von allen 16 Landtagen gebilligt, würde aus den Jobs vorerst nichts. „Die Landesregierung befindet sich dazu derzeit in Abstimmung mit den anderen Ländern“, sagte ein Sprecher der saarländischen Landesregierung dem Blatt.
MDR will vor Bundesverfassungsgericht ziehen
Zuvor hatte der MDR angekündigt, im Falle einer Ablehnung des Medienstaatsvertrags vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. „Wenn die Beitragsanpassung nicht kommt, dann ist die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks nicht mehr gesichert. Dann sind die Rundfunkanstalten in ihren Grundrechten beschwert, das heißt in ihren Grundrechtsbereich wird eingegriffen“, sagte Intendantin Karola Wille am Montag laut Spiegel bei der Sitzung des MDR-Rundfunkrats. Deshalb werde ihre Anstalt „sicherlich den Weg nach Karlsruhe suchen, um eine verfassungsgerichtliche Klärung herbeizuführen“.
Ursprünglich war geplant, daß am morgigen Mittwoch der Medienausschuß des Magdeburger Landtags zusammenkommt, der eine Beschlußempfehlung für das Parlament abgeben soll. In den vergangenen Tagen hatten Politiker aller Parteien außer der AfD, die CDU in Sachsen-Anhalt aufgefordert, von ihrer Position abzurücken und kommende Woche doch für die Erhöhung des Beitrags auf 18,36 Euro im Monat zu stimmen. (ls)