HAMBURG. Abschiebungen aus Flüchtlingsunterkünften ohne richterlichen Beschluß sind illegal. Das hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg entschieden. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht der Hansestadt bereits geurteilt, daß die Einrichtungen von Beamten nicht ohne entsprechenden Beschluß betreten werden dürfen, berichtete der NDR. Dagegen hatte die Regierung des Stadtstaates geklagt.
Hintergrund ist ein Rechtsstreit aus dem Vorjahr. Damals hatte die kirchliche Initiative „fluchtpunkt“ recht bekommen, daß eine irakische Familie nicht ohne entsprechenden Beschluß aus der Unterkunft geholt werden dürfe. In der Urteilsbegründung hieß es, auch ein Flüchtlingsheim sei eine Wohnung und stehe unter dem Schutz des Grundgesetzes.
Zahl der Abschiebungen sinkt
Die Leiterin der Initiative „fluchtpunkt“, Anne Harms, äußerte sich erfreut über die Entscheidung. „Gleichzeitig halten wir für einen Skandal, daß die Stadt nicht bereits das Urteil von 2019 zum Anlaß genommen hat, ihre Praxis umzustellen. Zahlreiche Menschen sind also illegal aus ihren Unterkünften abgeholt worden – man hat sehenden Auges das Recht gebrochen“, teilte sie mit.
Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahrjahreszeitrum um mehr als die Hälfte gesunken. Grund dafür seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Anfang des vergangenen Jahres hatte das Bundesinnenministerium angegeben, daß seit 2015 fast die Hälfte der Abschiebungen abgebrochen werden mußte. Oftmals scheiterten die Maßnahmen am gewaltsamen Widerstand der Ausländer. (ag)