ISTANBUL. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat den griechischen Sicherheitskräften bei ihrem Einsatz gegen illegale Einwanderer an der gemeinsamen Grenze Nazi-Methoden vorgeworfen. „Zwischen dem, was die Nazis gemacht haben, und diesen Bildern an der griechischen Grenze besteht gar kein Unterschied. Und sie töten auch“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Laut Erdogan handelten die griechischen Behörden im Auftrag des Westens als dessen „bezahlte Legionäre“. Er verglich die Abwehr der illegalen Grenzübertritte mit den Vorgängen in deutschen Konzentrationslagern. „Was sie in den Nazi-Lagern gemacht haben, machen auch die Griechen im Namen des Westens, geradezu als bezahlte Beamte des Westens.“
Türkische und griechische Küstenwache geraten aneinander
Seit der Grenzöffnung durch die türkische Regierung Ende Februar ist die Lage zwischen den beiden Staaten angespannt. Tausende Migranten versuchten seitdem vergeblich, nach Griechenland zu gelangen. Griechische Sicherheitskräfte riegelten die Grenze ab. Nach Ausschreitungen in den vergangenen Tagen habe sich die Lage wieder beruhigt.
Am Mittwoch sei es zudem zu einem Zwischenfall in der Ägäis gekommen. Ein Boot der türkischen Küstenwache habe ein Schnellboot der Küstenwache des Nachbarlandes touchiert. Laut griechischer Seite habe es sich um einen gezielten Rammversuch gehandelt.
Erdogan kündigte laut der Nachrichtenagentur APA zudem an, die Grenze werde von der türkischen Seite aus so lange offenbleiben, bis die EU ihre Versprechen aus dem Flüchtlingspakt von 2016 umsetze. Überdies werde die Türkei nicht zögern, ihr militärisches Engagement in der Region Idlib im Nordwesten Syriens zu erhöhen, falls die mit Rußland vereinbarte Waffenruhe nicht halten sollte.
Erdogan, Merkel und Macron wollen sich treffen
Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu hatte am Dienstag gefordert, der Asylpakt mit der EU müsse überarbeitet werden. Die EU habe die vereinbarten Gelder für die Unterstützung bei der Aufnahme von Migranten nicht vollständig ausgezahlt. Sein Land sei bereit, neue Kapitel im EU-Beitrittsprozeß zu eröffnen.
Die Vereinbarung mit Brüssel von 2016 sieht unter anderem vor, daß die Türkei keine Einwanderer illegal weiter auf EU-Gebiet ziehen läßt. Dafür erhält sie von der EU rund sechs Milliarden Euro. Allerdings fließen die Gelder an Hilfsorganisationen und nicht direkt an die Regierung in Ankara.
Desweiteren war in dem Flüchtlingspakt eine Lockerung der Visafreiheit für türkische Staatsbürger vorgesehen. Diese hatte Brüssel aber an Bedingungen wie eine Reform der Anti-Terror-Gesetze geknüpft. Kommenden Dienstag wollen sich Erdogan, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Istanbul treffen, um über eine Überarbeitung der Vereinbarung zu sprechen. (ls/ag)