AALST. Der Bürgermeister der belgischen Stadt Aalst, Christoph D’Haese, hat seine Stadt nach Antisemitismusvorwürfen der Unesco von der Weltkulturerbe-Liste der Organisation streichen lassen. Der Aalster Karneval war seit 2010 Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Anfang des Jahres hatte die Karnevalsgruppe „Vismooil’n“ mit einem Wagen Aufsehen erregt. Auf diesem standen Figuren, die Juden mit Hakennase, Schläfenlocken und auf Geld stehend darstellen sollten, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.
Die jüdische Gemeinde der Stadt hatte sich daraufhin beschwert. Die Unesco verurteilte die Darstellungen als „rassistisch und antisemitisch“ und erwog, der Stadt die Auszeichnungen zu entziehen.
D’Haese ist dem nun zuvorgekommen. „Die Unesco ist eine sehr angesehene Institution, aber was den Karneval betrifft, vertreten sie weltfremde Ansichten. Aalst und die Aalster haben genug von den Irrtümern und manchmal auch grotesken Anschuldigungen, deshalb nehmen wir die Initiative und distanzieren uns von der Unesco-Anerkennung“, sagte er im belgischen VRT-Radio. D’Haese gehört der flämisch-nationalistischen Partei N-VA an.
Antidiskriminierungsstelle: Keine böse Absicht hinter Karikaturen
Ende Oktober tauchten Karnevalsbänder auf, die abermals in ähnlicher Weise Juden karikierten. Zusätzlich befanden sich darauf Sprüche, die sich über die Unesco lustig machten. Kris Vonck hatte diese Bänder entworfen.
Vonck zeigte kein Verständnis für die Kritik. „Es geht nicht um Konzentrationslager. Wir machen uns auch nicht direkt über Juden lustig. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die Unesco, nicht auf Juden“, sagte er laut der Jüdischen Allgemeine.
In #Aalst hebben ze het echt niet begrepen. Na door de UNESCO op de vingers te zijn getikt voor antisemitisme met Carnaval komen ze nu weer met anti-Joodse plaatjes… Schrijf die UNESCO-status maar op je buik https://t.co/0EbvxjhJXd pic.twitter.com/GWyPADj8R9
— Kemal Rijken (@KemalRijken) October 22, 2019
Die belgische Antidiskriminierungsstelle Unia sandte einen Bericht an die Unesco, in dem sie zwischen Karnevalisten und Anklägern zu schlichten versuchte. Erstere hätten nicht in „böswilliger Absicht zum Haß gegen die jüdische Gemeinde aufrufen wollen“, sagte Unia-Mitarbeiterin Els Keytsman dem VRT-Radio.
Es müsse allerdings nachgedacht werden, wie Traditionen zeitgemäß interpretiert werden könnten. In Zukunft solle der Karneval in Dialog mit allen gestaltet werden, damit alle „zusammen zu einem großen Fest kommen“ können. (hr)