BRÜSSEL. Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen dessen Kindergeld-Regeln eingeleitet. Die Behörde wirft der Alpenrepublik vor, die Kindergeldzahlungen an die Lebenshaltungskosten in dem Staat anzupassen, in dem der Minderjährige lebt, verstoße gegen europäisches Recht, meldet die Nachrichtenagentur dpa.
Die EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen sagte, die Regelung sei zutiefst unfair. „Es gibt keine Arbeiter zweiter Klasse in der EU und auch keine Kinder zweiter Klasse.“
Today @EU_Commission opens infringement procedure against #Austria for introducing indexation of child benefits & family tax reductions. This goes against #EU law. #EU citizens who work in another country & contribute in same way as local workers are entitled to the same benefits pic.twitter.com/mcS2KAhtp1
— Marianne Thyssen (@mariannethyssen) 24. Januar 2019
Österreichs Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) gab sich laut ORF gelassen. „Wir gehen weiterhin davon aus, daß die von uns gewählte Lösung mit europäischem Recht vereinbar ist.“
AfD kritisiert EU-Kommission
Die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alice Weidel, kritisierte das Verfahren gegen Österreich. Die Maßnahmen der schwarz-blauen Koalition in Wien seien vollkommen richtig und notwendig.
Der AfD-Bundessprecher und Abgeordneter im EU-Parlament, Jörg Meuthen, nannte das Vorgehen der Kommission „ein Unding“. Österreichs Regierung habe Mißstände erkannt und gehe gegen sie vor. Das sei auch in Deutschlands Interesse.
Die österreichische Regierung aus ÖVP und FPÖ hatte im vergangenen Jahr Überweisungen für Kinder im Ausland neu geregelt. Demnach erhalten Familien, deren Kinder nicht im Inland leben, Beträge, die sich an den Lebenshaltungskosten im jeweiligen Aufenthaltsland orientieren. Von der Anpassung seien vor allem in Österreich lebende Ungarn und Slowaken betroffen.
Deutschland zahlt 402 Millionen Euro Kindergeld ins Ausland
Der Schritt war nicht nur von der Opposition kritisiert worden. Der EU-Parlamentarier Othmar Karas (ÖVP) hatte zuvor gewarnt: „Die vom Nationalrat beschlossene Regelung wird beim Europäischen Gerichtshof landen, weil eine Indexierung von Familienleistungen nach dem Wohnort innerhalb der EU rechtswidrig ist.“
In Deutschland steigen die Zahlungen für im Ausland lebende Kinder seit Jahren an. Im vergangenen Jahr flossen 402 Millionen Euro Kindergeld von Deutschland in andere Staaten. Diese Entwicklung hatte im Sommer 2018 zu einer Diskussion über gezielten Sozialmißbrauch durch Einwanderer aus Osteeuropa geführt. (ag)