Wenn ein Lügengewebe bis über die Schmerzgrenze gespannt ist, genügt ein letzter Ruck, um den Schleier zu zerreißen. Nach der Kontroverse um den Aufnahmestopp für Ausländer an der Essener Tafel klafft ein tiefer Riß in dem Gespinst aus „Wir schaffen das“ und „Deutschland ist ein reiches Land“, mit dem die politisch Verantwortlichen und ihre medialen Büchsenspanner die Kernfrage der Migrationskrise vernebelt haben: Wer zahlt am Ende die Zeche für die millionenfache Aufnahme illegaler Einwanderer, mit der sich Deutschlands politische Klasse, ihre gesellschaftlichen Kollaborateure und ihre öffentlichen Claqueure schon viel zu lange als globale moralische Superhelden inszenieren?
Man kann die Lage der Essener Tafel, einer von über 900 Vereinen in Deutschland, in dem sozial engagierte Privatleute ehrenamtlich Lebensmittelspenden an Bedürftige verteilen, als gesellschaftliche Versuchsanordnung lesen, die simple ökonomische und menschliche Tatsachen unbarmherzig an den Tag bringt: Wenn die Zahl der Esser, die an denselben Tisch drängen, sprunghaft wächst, wird die Portion für den einzelnen kleiner.
Die Schwachen werden zuerst verdrängt
Wenn man zuläßt, daß sich junge, vitale, fordernd auftretende Anspruchssteller ihren Teil nehmen, die mit den bisherigen Empfängern weder durch gemeinsame Werte noch durch soziale Zusammenhänge verbunden sind, dann werden die Alten und Schwachen, kurz die Bedürftigsten, als erste verdrängt. Das gilt in der überschaubaren kleinen Welt der Tafelkunden nicht anders als im gesamtgesellschaftlichen Rahmen. Auch die öffentliche Hand kann jedes Paket nur einmal verteilen und jeden Euro nur einmal ausgeben. Alimentiert sie Fremde, die in großer Zahl ins Land strömen, hat sie zwangsläufig für die eigenen Bürger weniger übrig.
Bauen die Kommunen Häuser für Zuwanderer, fehlen diese für einheimische Familien. Werden mit Steuergeld Wohnungen für neue Kostgänger des Sozialstaats angemietet, wird die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt härter, die Mieten steigen und werden für jene, die ihr Brot selbst verdienen und nur mit Mühe über die Runden kommen, unerschwinglich. Verpraßt eine alternde Gesellschaft im Willkommensrausch ihre noch vorhandenen Ressourcen, die den Bürgern durch Steuern und Abgaben auf Rekordniveau abgepreßt werden, für wahllos aufgenommene Fremde, statt für kargere Zeiten vorzusorgen, wird die unausweichliche Ernüchterung später um so bitterer ausfallen.
Der Chef der Essener Tafel, Jörg Sartor, hat mit seiner Ankündigung, bei einem Stand von 75 Prozent ausländischen Empfängern keine weiteren Kunden ohne deutschen Paß mehr zuzulassen, um die Schwächsten – die deutsche Oma, die alleinerziehende Mutter – vor weiterer Verdrängung zu schützen, eine zentrale Lebenslüge von Willkommenspolitik und Sozialindustrie herausgefordert: durch die Aufnahme von Millionen Asyl-Immigranten werde „niemandem etwas weggenommen“, Deutschland sei verpflichtet, diese „humanitäre“ Aufgabe auf sich zu nehmen, und überhaupt dürfe man nicht „Arme gegen Arme ausspielen“.
Unausweichliche Verteilungskämpfe
Das ist eine mehrfache Lüge. Denn natürlich hat der Fiskus die Milliarden, die er in verquerer Logik „erwirtschaftet“ haben will und die er jetzt so großzügig für die Bewirtung der Merkel-Gäste ausgibt, den eigenen Bürgern vorher weggenommen und denkt nicht daran, sie in deren Sinne zu verwenden. Und der Staat selbst ist es, der arme Einheimische gegen „Flüchtlinge“ ausspielt, indem er letztere bevorzugt behandelt, während die eigenen Bürger sich ganz am Ende der Umverteilungskette anstellen müssen.
Denn schon vor der Schleusenöffnung hat der deutsche Sozialstaat trotz seines gigantischen Volumens nicht funktioniert. Er nimmt den Bürgern viel, gibt ihnen wenig und macht vor allem seine Profiteure und Funktionäre fett. Die wachsenden Lücken wurden so gut es ging von wackeren Ehrenamtlichen wie Jörg Sartor gefüllt. Diesen Uneigennützigen, die das Gemeinwesen am Laufen halten, hat die Kanzlerin auch noch die Lasten der von ihr in Gang gesetzten Asyl-Invasion aufgebürdet. Viele haben klaglos angepackt. Inzwischen ist klar: Die Decke ist zu kurz, die unausweichlichen Verteilungskämpfe lassen sich nicht mehr darunter verstecken. Sie schaffen es nicht mehr.
Der Streit war erst der Anfang
Um diesen Offenbarungseid zu unterdrücken, gingen aus abgehobenen Politik- und Redaktionsetagen die üblichen Knüppel auf Sartor und seine Mannschaft nieder. Die SPD-Schickeria und das CDU-Funktionärskorps verdammten den Tafel-Chef, die zunächst opportunistisch abwartende Kanzlerin stammelte ein infantiles „nicht gut“ hinterher, und ihre schwarzvermummten „Antifa“-Kettenhunde schmierten die Botschaft an die Fahrzeuge: „Nazi!“
Noch vor einem Jahr wäre die Angelegenheit damit wohl erledigt gewesen und die Tafel-Aufmucker reumütig zu Kreuze gekrochen. Ex-Bergmann Sartor aber blieb stur und erhielt Zuspruch. Der Deutschland-Chef der Tafeln Jochen Brühl verbat sich nach anfänglichem Zögern Rügen von der Kanzlerin, „denn die aktuelle Entwicklung ist eine Konsequenz ihrer Politik“, weitere Tafel-Vereine kündigten ähnliche Maßnahmen an, CSU-Politiker solidarisierten sich ebenso wie Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht.
Die SPD dagegen führt unverdrossen Klassenkampf von oben gegen die einstigen Stammwähler, und gegen sozialdemokratische Urgesteine wie Jörg Sartor – „meine ganze Familie ist SPD; für mich hat sich das jetzt erledigt“. Ihr verdienter Niedergang ist das Menetekel eines polit-medialen Kartells, das über der Kollision mit der Realität zu bröckeln beginnt. Der Essener Tafel-Streit war erst der Anfang.
JF 11/18