BERLIN. Der Vizepräsident des Bundestags, Johannes Singhammer (CSU), hat der bayerischen Staatsregierung eine Klage gegen die sogenannte „Ehe für alle“ nahegelegt. „Um Rechtsklarheit zu schaffen, empfehle ich, das Verfassungsgericht anzurufen“, sagte Singhammer der Welt. Dies werde ohnehin durch einzelne Bürger geschehen. „Schneller ginge es aber, wenn das eine Landesregierung tun würde – zum Beispiel die bayerische Staatsregierung. Ich würde dazu raten, um rasch Klarheit zu erhalten, ob die Neudefinition des Ehebegriffs verfassungswidrig ist.“
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht gute Chancen für eine Behandlung der Klage durch die Karlsruher Richter. „Ich habe gegen dieses Gesetz gestimmt. Ein Grund dafür ist, daß wir aus meiner Sicht als Jurist dafür eine Verfassungsänderung gebraucht hätten.“ Mehrere Bundestagsabgeordnete der Unionsfraktion um den Rechtspolitiker Hans-Peter Uhl (CSU) erwägen laut Medienberichten derzeit einen Gang vor das Bundesverfassungsgericht.
AfD prüft Gang nach Karlsruhe
Auch die AfD prüft nach Angaben von Parteivize Alexander Gauland eine Klage. Die Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts schaffe eine „Wertebeliebigkeit, die unserer Gesellschaft schadet“, begründete Gauland den Vorstoß in der Bild am Sonntag. Am Freitag hatte der Bundestag mit 393 gegen 226 Stimmen die Einführung der „Ehe“ für Schwule und Lesben beschlossen. Auch 75 Fraktionsmitglieder von CDU und CSU stimmten mit „Ja“.
Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch sieht in dem Votum eine Stärkung der AfD. „Bei mir gehen stapelweise Briefe ein, in denen es heißt, die einzige Partei, die heute noch christliche Inhalte vertrete, sei die AfD. Das bedrückt mich sehr, weil ich eine deutliche Distanz zu der Partei sehe“, sagte Koch Spiegel Online. Er kritisierte auch eine Umwertung des Ehebegriffs: „Viele von denen, die noch vor Kurzem die Ehe als lebensfeindliches Auslaufmodell bezeichnet haben, sind heute glühende Verfechter der Ehe für alle.“ (tb)