BERLIN. Die Berliner Polizei ermittelt bei Taschendiebstählen nur noch wenn eine Aussicht auf Erfolg besteht. Eine entsprechende interne Anordnung hat Polizeipräsident Klaus Kandt laut Berliner Zeitung erteilt.
Grund seien die massiv gestiegene Anzahl an Delikten, die die Polizei nicht mehr bewältigen könne sowie der Umstand, daß viele Betroffene keine Angaben zu Tatort und Tathergang machen könnten. Im vergangenen Jahr wurden in Berlin rund 40.400 Taschendiebstähle registriert, 25 Prozent mehr als 2014. Die Aufklärungsquote liegt bei 4,2 Prozent. Täter sind hauptsächlich europaweit agierende Banden.
Künftig wird ein Fall, wenn es keine Ermittlungsansätze wie eine Täterbeschreibung gibt, direkt abgelegt. Der zuständige Polizeibeamte schickt die aufgenommene Anzeige zur Amtsanwaltschaft mit der Empfehlung, das Verfahren einzustellen.
„Schmale Bearbeitung“ dauert 32 Minuten
Durchschnittlich dauert eine solche „effizienzorientierte standardisierte Bearbeitung“, unter Polizisten „schmale Bearbeitung“ genannt, 32 Minuten. Dieses Vorgehen gibt es bereits bei anderen Massendelikten wie Betrug (105.835 Fälle 2015), Sachbeschädigung (41.954 Fälle) und Fahrraddiebstahl (32.244 Fälle).
„Es ist selbstverständlich, daß wir bei den Ermittlungen Prioritäten setzen, die sich an der Schwere der Tat und den Ermittlungsansätzen orientieren“, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf der Berliner Zeitung.
Für Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei werden damit das Legalitätsprinzip ausgehöhlt und Personalengpässe kaschiert. „Die standardisierte Bearbeitung ist eine Kapitulation im Bereich Massendelikte“, kritisierte er in dem Blatt. (gb)