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Währungspolitik: Dollar-Dämmerung

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Währungspolitik
 

Dollar-Dämmerung

Aufstand gegen den Hegemon: China und Rußland wollen die weltweite Leitwährung zu Fall bringen. Ironischerweise hat Amerika durch seine Strafmaßnahmen gegen Moskau diesen Prozeß beschleunigt. Doch über Deutschland muß sich die einzige Weltmacht keine Sorgen machen. Ein Kommentar von Bruno Bandulet.
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Die Dominanz des Dollars bedrohe die russische Wirtschaft, und russische Öl- und Gaslieferungen sollten künftig in Rubel abgerechnet werden, erklärte Präsident Putin jüngst auf der Krim. Ein bemerkenswerter Schachzug im neuen Kalten Krieg zwischen dem Imperium und der kleinen Großmacht, auch wenn die Deutschen als Großkunden russischer Energieexporte zögern werden, sich einer konstitutionellen Schwachwährung wie dem Rubel zu bedienen und dabei auch noch den Zorn der Amerikaner auf sich zu ziehen.

Ernster zu nehmen ist der strategische Plan Pekings, den eigenen Außenhandel ebenso wie Investment-Transaktionen in weitaus größerem Umfang als bisher in Yuan statt in Dollar abzuwickeln. Bereits im März unterzeichneten die Deutsche Bundesbank und die Deutsche Börse entsprechende Abkommen mit der chinesischen Zentralbank.

Chinas Währung wird Alternative zum Dollar werden

Frankfurt wird neben London zum zweiten Handelszentrum für Yuan in Europa. Die Liberalisierung des chinesischen Kapitalmarktes und die Freigabe des Yuan-Wechselkurses werden folgen. Chinas Währung wird sich als Alternative zum Dollar etablieren. Angesichts chinesischer Währungsreserven von nahezu 4.000 Milliarden Dollar ist China ungleich schwerer angreifbar als Rußland.

Amerikanische Sanktionen gegen das Reich der Mitte nach dem Vorbild der jüngsten antirussischen Maßnahmen würden die internationalen Finanzmärkte in ihren Grundfesten erschüttern. Sie würden als Vorspiel zum Krieg interpretiert – so wie Präsident Roosevelts Blockade gegen das imperiale Japan.

Die vorsichtigen Chinesen werden den Showdown hinauszögern wollen. Ihre strategischen Denker sprechen seit Jahren von der Notwendigkeit, die Rolle des Yuan an den Kapitalmärkten zu stärken, die Dollar-Herrschaft zu brechen und die eigenen Goldreserven aufzustocken. Zu letzterem hatten sie 2013 Gelegenheit, als Goldman Sachs zur Attacke auf den Goldpreis blies und die amerikanischen Fonds in Panik verkauften.

Die Vordenker in Peking wissen – sie sagen es auch ganz offen –, daß China in der Dollar-Falle sitzt und in einer Währung überinvestiert hat, die nach amerikanischem Belieben abgewertet und im Konfliktfall blockiert werden kann. Die Option, die Dollarreserven der chinesischen Volksbank auf den Markt zu werfen, existiert in der Realität nicht. Praktikabel ist nur eine graduelle Lösung von der Weltreservewährung auf längere Sicht.

Annäherung von Moskau und Peking durch Amerika beschleunigt

In diesem Zusammenhang ist das im Mai abgeschlossene Erdgasabkommen zwischen Moskau und Peking von überragender Bedeutung. In etwa ab 2018 wird der russische Staatskonzern Gazprom 30 Jahre lang Erdgas in einem Gegenwert von geschätzten 400 Milliarden Dollar an China liefern, die Rechnungen jedoch nicht in Dollar, sondern in Yuan oder Rubel stellen. Die Ironie des Deals, der Washington alarmiert haben muß, besteht darin, daß die Amerikaner ihn selbst beschleunigt haben – durch ihre Strafmaßnahmen gegen Moskau. Sie treiben Rußland in die Arme Chinas.

Deutschland und die EU hingegen scheinen sich mit den bestehenden Verhältnissen abgefunden zu haben. Die Bundesrepublik fungiert als unsinkbarer Flugzeugträger der einzigen Weltmacht, die amerikanischen Truppen hierzulande einschließlich ihres zivilen Gefolges und der Geheimdienstmitarbeiter genießen exterritorialen Status und unterliegen nicht deutscher, sondern amerikanischer Gerichtsbarkeit. Die US-Justiz besteht auf der Geltung amerikanischen Rechts auch in Europa – und sie kann den Anspruch durchsetzen.

Zuletzt akzeptierte die französische Großbank BNP Paribas eine milliardenschwere Strafzahlung an die US-Behörden wegen Umgehung amerikanischer Sanktionen gegen den Iran, den Sudan und Kuba, obwohl die Geschäfte nicht auf amerikanischem Boden, sondern in Genf und Paris getätigt wurden. Es genügte, daß in Dollar fakturiert wurde – eine perfekte Illustration, wie der sogenannte Dollar-Imperialismus funktioniert. Die französischen Politiker waren empört – und gaben klein bei. Kein zweiter de Gaulle in Sicht, nirgends.

Deutsches Gold bleibt in Amerika

Unterdessen ist aus London zu hören, daß internationale Handelsgeschäfte zunehmend in Gold abgewickelt werden. Dabei wechseln die Barren an den Handelsplätzen Singapur, Shanghai, Dubai oder Istanbul den Eigentümer. Weil nichts über Bankkonten und Clearingstellen läuft und die Transaktionen für das US-Justizministerium nicht einsehbar sind, können die Amerikaner auch nichts blockieren oder verbieten.

Auch damit wird ein neues Kapitel in der langen Saga der Dollar-Dämmerung geschrieben. Die USA, immer noch im Besitz der größten Goldreserven der Welt, beginnen die Kontrolle über den Markt für Gold – die maßgebende werthaltige Alternative zum Dollar – zu verlieren.

Nicht aber die Kontrolle über den Teil der deutschen Goldreserven, der zusammen mit einigen tausend Tonnen anderer Länder im Keller der Federal Reserve Bank of New York liegt. Noch 2013 hatte sich der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder mit Unterstützung der Bild-Zeitung dafür stark gemacht, das deutsche Gold aus New York zurückzuholen.

Im Frühjahr 2014 verlor er sein Amt als Amerikabeauftragter der Bundesregierung. Als er sich dann auch noch die Freiheit nahm, den Geburtstagsempfang für Altbundeskanzler Gerhard Schröder in Sankt Petersburg zu besuchen, auf dem Wladimir Putin, der Leibhaftige, gesichtet wurde, war er bei den Amerikanern unten durch.

Seitdem schwindet auch die Chance auf ein baldiges Wiedersehen mit dem amerikanisierten deutschen Gold. Spiegel-Online meldete am 24. Juni: „Bundesregierung will Gold in den USA lassen.“ Der lange Arm von Uncle Sam – bis Peking reicht er nicht, wohl aber bis Berlin.

JF 35/14

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