BERLIN. Der Innenexperte der Unionsfraktion Wolfgang Bosbach (CDU) hat die Ressortverteilung im neuen Bundeskabinett kritisiert. „Die SPD besetzt mit den Ressorts Energie und Wirtschaft, Arbeit und Soziales und Familie alle gesellschaftspolitisch relevanten Gebiete. Das ist nicht gut für die Union“, sagte Bosbach der Rheinischen Post.
CDU/CSU und die Sozialdemokraten hatten am Sonntag das neue Kabinett vorgestellt. Zuvor hatte die SPD-Basis mit großer Mehrheit dem Koalitionsvertrag zugestimmt. Die JUNGE FREIHEIT bietet einen Überblick über das neue Kabinett und die wichtigsten Themen der kommenden Legislaturperiode.
Innenminister soll der bisherige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) werden. Bisher hatte der 59jährige das Amt des Verteidigungsministers inne. Zwischen 2009 und 2011 war de Maizière bereits zuvor Leiter des Innenressorts. Er wird sich in den ersten Regierungsmonaten vor allem mit dem Problem der steigenden Armutseinwanderung nach Deutschland beschäftigen müssen.
Als neuen Außenminister haben die Sozialdemokraten den bisherigen Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nominiert. Der 57jährige hatte dieses Amt bereits von 2005 bis 2009 inne. Wichtigste Herausforderungen: Der Syrien-Krieg und die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm.
Finanzminister bleibt Wolfgang Schäuble. Wie schon in den vergangenen Jahren wird sich der CDU-Politiker vor allem mit den Folgen der Euro-Krise auseinandersetzen müssen. Bisher hatte Schäuble eine Vergemeinschaftung von Schulden stets abgelehnt.
Wirtschafts- und Energieminister soll der SPD-Chef Sigmar Gabriel werden. In sein Ressort fällt künftig auch die Verantwortung für die Energiewende. Wie Gabriel die steigenden Strompreise bekämpfen will und ob es eine grundlegende Reform der Subventionen für erneuerbare Energien geben wird, ist derzeit noch unklar.
Für Aufsehen sorgte die Nominierung von Ursula von der Leyen als neue Verteidigungsministerin. Zuvor war die Politikerin unter anderem für das Gesundheitsressort gehandelt worden. Ihre Hauptaufgaben werden die Bundeswehrreform und der Abzug der Truppen aus Afghanistan sein.
Verantwortlich für Arbeit und Soziales soll künftig die bisherige SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles werden. Sie verantwortet damit das finanziell am besten ausgestattete Ressort (120 Milliarden Euro im Jahr) und wird dem linken Parteiflügel zugerechnet.
Als Gesundheitsminister wurde der bisherige CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe vorgeschlagen. Er gilt als enger Vertrauter der Kanzlerin und steht vor der Aufgabe, mit den steigenden Kosten für Kranken- und Pflegeversorgung fertig zu werden.
Justiz- und Verbraucherschutzminister soll der SPD-Landeschef Heiko Maas werden. Der 47jährige hatte sich bundespolitisch bisher noch nicht profiliert. In den ersten Monaten seiner Amtszeit wird er sich vor allem mit der Einführung der Vorratsdatenspeicherung beschäftigen müssen.
Das Bildungs- und Forschungsressort soll weiterhin die CDU-Politikerin Johanna Wanka führen. Sie hatte das Ressort Bildung und Forschung erst in diesem Jahr nach dem Rücktritt von Annette Schavan übernommen.
Familienministerin soll die bisherige Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig (SPD), werden. Die 39jährige gilt als klare Verfechterin einer weiteren Verstaatlichung der Kindeserziehung.
Verkehrsminister wird der bisherige CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Sein Ministerium wurde um den Bereich digitale Infrastruktur erweitert. Sein Vorgänger, Peter Ramsauer, ist im neuen Kabinett voraussichtlich nicht mehr vertreten.
Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister soll Hans-Peter Friedrich (CSU) werden. Der bisherige Innenminister gilt als einer der großen Verlierer des neuen Kabinetts, da die Agrarpolitik weitgehend aus Brüssel vorgegeben wird.
Für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit soll künftig die bisherige SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks verantwortlich sein. Da ihr Ressort allerdings die Verantwortung für die Energiewende abgeben muß, ist der Einfluß der 61jährigen auf die Politik nur begrenzt.
Entwicklungshilfeminister wird der bisher weitgehend unbekannte Gerd Müller (CSU). In der vergangenen Legislaturperiode war er Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium.
Als Kanzleramtsminister ist der bisherige Umweltminister Peter Altmaier (CDU) vorgesehen. Er wird künftig für die Verzahnung der Ministerien und die Arbeit hinter den Kulissen verantwortlich sein. Ronald Pofalla hatte den Posten aus privaten Gründen aufgegeben.
Nachfolgerin von Maria Böhmer (CDU) als Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration ist die SPD-Politikerin Aydan Özoğuz. Sie gilt als klare Befürworterin einer weniger strengen Integrationspolitik. In der Vergangenheit war sie auch durch die Verstrickungen ihrer Brüder in die islamistische Szene in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit geraten. (ho)