WALDSHUT/TIENGEN. Die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie im Frühjahr haben einer Studie zufolge zu einer erhöhten Sterblichkeit geführt. Waren jeweils im April der Jahre 2016 bis 2019 im baden-württembergischen Landkreis Waldshut von 170.000 Einwohnern rund 165 Personen gestorben, registrierten die Behörden in diesem Jahr 227 Tote. Dies bedeute eine Übersterblichkeit von 37 Prozent, ergab eine Studie des Klinikums Hochrhein, über die die Bild-Zeitung berichtet.
Von den 62 zusätzlichen Todesfällen gehen mit 34 etwas mehr als die Hälfte auf eine Covid-19-Erkrankung zurück. 45 Prozent starben nicht am oder mit dem Virus. „Wir haben auch eine Übersterblichkeit, die nicht auf Corona-Erkrankungen zurückzuführen ist“, sagte Stefan Körtüm, einer der Studienautoren, dem Blatt.
Fast die Hälfte der Übersterblichkeit stehe im Zusammenhang mit den reduziert genutzten medizinischen Notfallstrukturen wegen des „Lockdowns“. Die stationären Aufnahmen aufgrund von Verschlimmerungen oder Komplikationen chronischer Krankheiten ging Kortüm zufolge in diesem Jahr um 73 Prozent zurück.
Zahl der Fälle mit einsamem Tod verdoppelt
„Insbesondere Menschen mit akuten Verschlechterungen chronischer Krankheiten, etwa Lungen- oder Herzkrankheiten, aber auch Tumor-Erkrankungen, haben in diesem Zeitraum keine medizinische Hilfe gesucht“, erklärte der Mediziner. Auffallend sei auch die Verdopplung der Zahl leblos und einsam aufgefundener Menschen. Die Ärzte vermuten: „Die soziale Distanzierung hat auch zur Entwicklung der Kollateral-Schäden beigetragen.“ Oft seien es die Jüngeren, die ihren Eltern und Großeltern nahelegten, sich in Behandlung zu begeben.
Bereits im Mai hatten Ärzte vor verschleppten Krankheiten wegen der „Lockdowns“ gewarnt. Wissenschaftler in Großbritannien vermuteten, daß Beispielsweise Krebs nicht früh genug erkannt werde, weil Arztbesuche monatelang vermieden werden. Deutsche Medizinverbände hatten Ende Oktober den neuerlichen „Lockdown“ im November scharf kritisiert. (ls)