Restaurationsversuch 1921: „Niemals werde ich abdanken“
Restaurationsversuch 1921: „Niemals werde ich abdanken“
Restaurationsversuch 1921: „Niemals werde ich abdanken“
Kaiser Karl und I. und seine Frau Zita (rechts, betend) bei einem provisorischen Gottesdienst während des zweiten Restaurationsversuchs in Ungarn
Foto: Schuhmann, Sammlung Zessner-Spitzenberg
„Solange mir Gott die Kraft gibt, kann ich auf den ungarischen Thron nicht verzichten“, lautete die Überzeugung des letzten österreichischen Kaisers, Karl I. Der Habsburger versuchte vor 100 Jahren sein monarchisches Amt durch eine Restauration zurückzuerhalten.
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Übrigens hat Ungarn mehr als zwei Drittel seines ehemaligen Staatsgebiets an fragwürdige Vielvölker-Staatsgebilde abtreten müssen. Mexiko mußte Mitte des 19. Jahrhunderts die Hälfte seines Staatsgebiets an die Vereinigten Staaten von Amerika abtreten. Nicht nur das nationalsozialistische Deutschland ging großzügig mit fremden Staatsgebieten um. Eine Ironie der Geschichte ist es, daß die Mexikaner und andere Lateinamerikaner dabei sind, sich den Südwesten der Vereinigten Staaten per Migration und Umvolkung zurückzuerobern. Bemerkenswert ist noch, daß der Deutsche Bund damals darauf verzichtet hat, den Vereinigten Staaten wegen Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges sowie zahlreicher Kriegsverbrechen den Krieg zu erklären und die Rädelsführer zu bestrafen.
Warum Karl hoffen konnte, wieder König von Ungarn zu werden, hat seinen Grund darin, daß es dort nach wie vor die Monarchie gab, wobei der Reichsverweser der Platzhalter des künftigen Königs war. Horthy hat wider Erwarten die ihm zugedachte Rolle nicht gespielt, er hat nicht Platz gemacht. 1849 war übrigens Erzherzog Johann von der Frankfurter Nationalversammlung zum Reichsverweser des Deutschen Reiches und damit Platzhalter eines künftigen Deutschen Kaisers gewählt worden. In Deutschland gab es nach 1918 nichts dergleichen, und Kaiser Wilhelm II. war verantwortungsvoll genug, keinen Staatsstreich gegen die Republik zu inszenieren, der mit großer Wahrscheinlichkeit an inneren und äußeren Widerständen gescheitert wäre. Die französische Regierung wartete nur auf einen Anlaß zum Eingreifen. Deshalb noch nachträglich ein Hoch auf Kaiser Wilhelm, der dem deutschen Volk innere Unruhen und vielleicht einen Bürgerkrieg mit ausländischer Beteiligung erspart hat. Eine wesentliche Ursache der Machtübernahme durch Hitler war der 9. November 1918. Das hat Otto Wels in seiner berühmten Rede zum Ermächtigunsgesetz am 23. März 1933 ganz richtig, wenn auch etwas verkürzt, hervorgehoben.
Korrektur: Die Wahl zum Reichsverweser fand bereits am 29. Juni 1848 statt.
Man sieht hier sehr schön die archaische Idee des Gottesgnadentums.
Im Falle Karls I. in seiner verfeinerten Form, in der der Herrscher der „Erste Diener seiner (nach Gottes Willen) Untertanen“ ist.
Das setzt natürlich den Glauben voraus, daß so was wie „Gott“ wirklich existiert.
Die gottlosen Anhänger der Linken Weltanschauung haben das Gottesgnadentum usurpiert und pervertiert, indem sie sich Verhältnisse schaffen, in denen sie als Klerus ihrer Weltanschauung über erniedrigte, geknechtete, verlassene und verächtliche Wesen herrschen (und von ihnen leben), die sie überall in der Welt zu finden und zu gewinnen wissen.
Sie versprechen ihnen Erlösung. Das geht dann aber wie in Animal Farm: Die woken Schweine machen Revolution … um sich dann in Farmer Jones‘ Bett zu legen.
Als sehr verletzliches Pflänzchen erscheint da die Idee der Republik Freier Bürger, in der Menschen eine Regierung sich selber geben, weil sie -typischerweise aufgrund Stammesverwandschaft- sich einander als ihresgleichen (und darum als Staatsvolk) ansehen .
Im 18. Jahrhundert entstand die Idee, 1848 konkretisiert, 1919 und 1949 umgesetzt.
Aber das Volk will es nicht (mehr). Die Republik wird/ist nun Links.
Ein sehr guter Artikel. Leider auch sehr traurig, was aber auch kein Wunder ist.
Man stelle sich vor, was gewesen wäre, wenn Kaiser Karl Erfolg gehabt hätte? Ungarn wäre einiges erspart geblieben und wer weiß, ob ihm nicht zumindest eine Teilwiedervereinigung des alten Habsburgerreichs gelungen wäre?
Überhaupt wären wir alle besser dran, wenn 1918 so einiges anders gelaufen wäre. Mit Kaiser Wilhelm II in Deutschland und dem Haus Habsburg in Österreich an der Regierung wäre es zumindest nicht zur Machtergreifung Hitlers gekommen. Aber die Alliierten ließen ja keine Monarchie in Deutschland zu; auch nach 1945 nicht, obwohl eine Mehrheit der Deutschen sich eine Monarchierückkehr gewünscht hatten! Überhaupt komisch das die Alliierten Hitler (der ja von einigen US-Kapitalisten Geld bekam) erstmal alles durchgehen ließen, was sie vorher der Weimarer Republik nicht erlaubten; die Rückholung des Saarlands und die Vereinigung mit Österreich z.B. Ich glaube ja, es war mit Deutschland und Russland wie mit Iran und Irak; die USA wollten, dass beide Länder sich gegenseitig vernichteten und dafür mussten in beiden Ländern Fanatiker an der Macht sein…
Lieber Kaiserfront Fan, die von Ihnen vermuteten Zusammenhänge werden von Guido Preparata ausführlich behandelt. Er unterfüttert von rechts her die alte linke Theorie, dass der Faschismus die „am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ enthalte. Auch wenn ich dieser Zuspitzung nicht zustimme (denn der Faschismus hatte auch antikapitalistische Beweggründe), so enthält sie doch das berühmte Körnchen Wahrheit. Dieser Wahrheitskern könnte folgendermaßen lauten: Italienischer Faschismus und NS-Staat wurden von den Westmächten geduldet als Speerspitze gegen den Sowjetkommunismus – obwohl dieser doch (ebenfalls) mit Hilfe westlichen Kapitals an die Macht gekommen ist ! Heisst das, dass der Westen für alle Übel des 20. Jahrhunderts die Letztverantwortung trägt? Ich würde eher von einem freien Spiel dreier großer machtpolitischer Kräfte (Kapitalismus-Faschismus-Kommunismus) ausgehen, die sich gegenseitig beeinflussten und bekämpften. Das Märchen aber vom „guten bürgerlichen Westen“, der gegen die beiden totalitären Herrschaftsformen einen tapfer siegreichen Kampf kämfte, glaube ich schon lange nicht mehr.
Immerhin hat Karl I. versucht, seine angestammte Stellung wieder zu erobern – anders als Kaiser Wilhelm es tat, anders als die Könige von Sachsen, Bayern, Württemberg und die Großherzöge von Baden und Hessen-Darmstadt es taten. Man kann darüber streiten, ob deren Zeit nicht ohnehin abgelaufen war. Aber sang- und klanglos verschwinden? sich ins Exil und/oder Privatleben zurückziehen? Welchen Sinn macht das vor der Geschichte? Hatte keiner der Monarchen noch Rückhalt im Volk und im Militär? So dass wenigstens der Versuch hätte unternommen werden können, das Amt zu retten und es evtl. dann in neuzeitlicher Form umzugestalten? Warum musste es diesen Kahlschlag geben? War das der Wunsch der Siegermächte, denen die demokratischen Kräfte in Deutschland und Österreich-Ungarn kritiklos folgten? Immerhin hält Siegermacht England bis heute an der Monarchie fest. Ist die britische Monarchie besser, demokratie-verträglicher, zeitgeistkonformer als die deutschen und österreichischen Monarchen? Ich habe den Verdacht, dass die deutschen und österreichische Monarchen wegen ihres Festhaltens am Gottesgnadentum bei den letztlich eben doch laizistisch geprägten Siegern in Ungnade fielen.
Ein sehr guter Kommentar Frau Speith. Sie haben denke ich recht damit, dass die „deutschen und österreichische Monarchen wegen ihres Festhaltens am Gottesgnadentum bei den letztlich eben doch laizistisch geprägten Siegern in Ungnade fielen.“
Kaiser Karl hat es wenigstens versucht und das rechne ich ihm hoch an.
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Kaiser Karl und I. und seine Frau Zita (rechts, betend) bei einem provisorischen Gottesdienst während des zweiten Restaurationsversuchs in Ungarn
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