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Nachdem man sich jahrzehntelang bemüht, ja gequält hat, die einigermaßen genaue Zahl der Opfer der britischen und US-amerikanischen Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 zu ermitteln und dabei zu scheinbaren Ergebnissen kam, die in absurder Weise auseinander klafften – sie reichten von 35.000 bis zu 200.000 -, genügen nun sechs Wochen, um den Sprecher einer vom Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) eingesetzten Kommission apodiktisch feststellen zu lassen, die Zahl von 35.000 Toten liege deutlich zu hoch. Immerhin meinte er noch Mitte Februar diesen Jahres, man könne von „mindestens 25.000 Toten“ ausgehen. Wieder vergingen sechs Wochen, bis er eine noch niedrigere Zahl bekanntgeben konnte: Nun sind es nur noch 22.000 „geborgene Leichen“. Ziel ist es, Rechtsradikalen die Argumente zu nehmen Was befähigte den Sprecher der Historikerkommission zu der schnellen Beantwortung der so lange ungeklärt gebliebenen Frage nach der Opferzahl? Es handelt sich um den Wissenschaftlichen Direktor im Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) Potsdam und Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin, Rolf-Dieter Müller, Projektleiter des Serienwerkes „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“. Wenn man seine bisherigen Veröffentlichungen verfolgt, dann fällt es schwer, nicht an eine Wiederauferstehung der „Roten Zelle“ im Militärgeschichtlichen Forschungsamt zu glauben, die seinerzeit unter dem damaligen Titular-Professor und Leitenden Historiker am MGFA, Manfred Messerschmidt, entstanden, mit dessen Verabschiedung in den Ruhestand aber offenbar erloschen war, zumal seine Mitstreiter Wolfram Wette, Gerhard Schreiber und Gerd R. Ueberschär ebenfalls den Pensionärsstand erreicht hatten. Rolf-Dieter Müller war immerhin zur Zeit der Reemtsma-Ausstellung der einzige MGFA-Vertreter, der sich zu einer Kritik aufraffte, die allerdings der kritische Beobachter Rüdiger Proske als „unglaublich müde“ apostrophierte. Im Verlauf seiner folgenden Tätigkeit fand er jedoch in den politisch korrekten Kanon zurück, was ihm wohl auch die Berufung zum Vorsitzenden der Historikerkommission in Dresden eintrug. Der vielleicht wichtigste Grund für die schnelle Zementierung der unwahrscheinlich niedrigen Opferzahl von Dresden dürfte die Vorgabe sein, die Oberbürgermeister Roßberg im Dezember 2004 der neugegründeten Historikerkommission mit auf den Weg gab. Sie sollte, wie die Sächsische Zeitung schrieb, dem „bemerkenswertesten und inhaltlosesten Versuch einer Uminterpretation von deutscher Täter- in Opferschaft entgegentreten“, wie es „rechtskonservative und neonationalistische Kreise“ täten, wenn sie die bislang offiziös genannte Zahl von 35.000 Opfern anzweifeln und höhere Zahlen vermuten. Müller bestätigte die Vorgabe in einem Gespräch mit Spiegel-online, in dem er sein Ziel formulierte: Man „muß den Rechtsradikalen die Argumente nehmen, mit denen sie in der Öffentlichkeit Verwirrung stiften“. Angesichts dieser sowohl vom Auftraggeber genannten als auch vom Kommissionsvorsitzenden bestätigten Vorgabe fällt es schwer, die Forschungsarbeit der Kommission noch als ergebnisoffen zu bezeichnen. Selbst wenn man nicht mehr die Möglichkeit hat, alle zeitgenössischen amtlichen Unterlagen über die Toten der anglo-amerikanischen Bombenangriffe heranziehen zu können, bleibt die Zahl von 22.000 Toten im Vergleich mit den Zahlen anderer bombardierter Städte unwahrscheinlich. Kürzlich hat Wolfgang Schaarschmidt in seinem materialreichen Buch „Dresden 1945 – Daten, Fakten, Opfer“ einen Vergleich mit Hamburg angestellt. In den beiden exemplarischen Städten war es der britischen Luftwaffe gelungen, Feuerstürme zu entfachen. In beiden Städten waren die Umstände – Dichte der Bebauung, Anzahl der Bewohner – etwa gleich: Der Hamburger Feuersturm umfaßte im Juli 1943 13 Quadratkilometer, der in Dresden im Februar 1945 15 Quadratkilometer. Im Hamburger Brandgebiet wohnten etwa 300.000, in Dresden um die 250.000 Menschen. Trotz abwesender Wehrmachtseinberufener addieren sich allerdings noch Flüchtlinge aus Ostdeutschland hinzu, deren Anzahl unbekannt ist. „Mit Sicherheit waren in der Brandnacht mehr Menschen in Dresden als in Hamburg betroffen“, so Schaarschmidt. Nach Hans Brunswik, der das umfangreichste und am besten fundierte Buch über die Luftangriffe auf Hamburg geschrieben hat, sind allein in dem Feuersturmgebiet zwischen 35.000 und 40.000 Hamburger ums Leben gekommen, und das, obgleich die Hamburger durch ihre jahrelangen Erfahrungen im Luftkrieg besser vorbereitet gewesen waren als die luftkriegsunerfahrenen Dresdener. Hamburg verfügte im Gegensatz zu Dresden über moderne Luftschutzbunker und andere Schutzräume in großer Zahl. Kommission soll die Zahlen für alle Zeit amtlich besiegeln Schon im Hinblick darauf sind die jetzt von Müller heruntergerechneten Zahlen unglaubwürdig und entlarven sich als politisch motiviert. Und da nützt es denn auch nichts, wenn im kommenden Jahr der Abschlußbericht vom liberalen Oberbürgermeister „unterschrieben und damit für alle Zeit amtlich besiegelt“ wird. Und Müller kann sich auch nicht das antifaschistische Verdienst an den Hut stecken, er habe mit seinen neuen Zahlen „Goebbels‘ Propaganda-Zahlen widerlegt“, wie er es verkündete. Goebbels hat nach den Luftangriffen auf Dresden überhaupt keine Zahlen öffentlich genannt.

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