Eine aktuelle Leserzuschrift konfrontiert uns mit einem alten Thema: der Technikfeindschaft. In einer Kolumne hatten wir erklärt, genetisch ließen sich Wesensunterschiede zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe bisher nicht begründen (JF 3/03). Unser Leser bestreitet das gar nicht. Er trompetet aber: „Pech für die Genetik!“ „In jeder Fußgängerzone“ ließen sich die bewußten Unterschiede beobachten. Uns wird eine „anti-metaphysische Froschperspektive“ nachgesagt, weil wir der naturwissenschaftlichen Argumentation folgen, schließlich zitiert man Julius Evola herbei. Evola und die Fußgängerzone gegen jeden wissenschaftlichen Zweifel – diese Frontstellung ist leider nicht untypisch. Die Argumentation solcher Konservativer ist keineswegs niveaulos, denn außer dem genannten Evola ließen sich auch Geistesgrößen wie Martin Heidegger oder Georg Friedrich und zum Teil auch Ernst Jünger als Zeugen gegen die wissenschaftlich-technische „Froschperspektive“ beibringen. Auch die Linke besteht seit Theodor Adorno und Ernst Bloch überwiegend aus Technik- und Wissenschaftsfeinden. Was dort „Metaphysik“ heißt, heißt hier „Utopie“ und wird dem realen Fortschritt anklagend entgegengesetzt. Für Heidegger war die Technik „das Un-heimliche“ im buchstäblichen Sinn. Uns wird es eher unheimlich zumute, wenn die Technik ausfällt – besonders im Winter. Allerdings nur, würde Ernst Jünger sagen, weil wir uns auf die Technik verlassen und nicht, wie unsere Vorfahren, für Wärme und Licht auf natürlichem Wege gesorgt haben. Wie denn? Man kann es in alten westfälischen Museumsdörfern noch imaginieren, wie die Leute in einem einzigen Raum um das Feuer hockten, rund herum die Ställe mit Mistwärme und oben die Schlafkojen dicht an dicht. Die Anlage zeugt von einem guten Wissen um die natürlichen Energiequellen und setzt dieses technisch gekonnt um. Noch bewundernswerter sind in dieser Hinsicht die Iglus der Eskimos, in denen es heiß wird wie in der Sauna, ohne daß die eisigen Wände abschmelzen würden. Technik ist etwas Uraltes, ebenso alt wie der Mensch selbst. Der Faustkeil ist das Werkzeug, mit dem er vor 700.000 Jahren zu sich selbst fand, und seitdem geht die Entwicklung vorwärts – unbeirrt von den ewigen Meckerern, die es sicher schon in der Steinzeit gab. Technikfeindlichkeit ist Ausdruck einer Menschenfeindlichkeit, und die darf man den großen Theoretikern der Antimoderne ruhig zusprechen. Allerdings gibt es dafür auch einen Grund. Seit der Steinzeit hat der Mensch sich nicht wesentlich verändert, wohl aber seine Umgebung. Sie trägt überall die Spuren menschlicher Tätigkeit, und die sehen sehr häßlich aus – etwa in den erwähnten Fußgängerzonen. Wer hiergegen rebelliert, handelt wie ein Maschinenstürmer. Die ökologischen Probleme sind unbestritten, doch lösen lassen sie sich nur technisch.
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