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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Kreisky und die Südtiroler Strommasten

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Kreisky und die Südtiroler Strommasten

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Keine Widerstandsbewegung kann erfolgreich kämpfen, wenn sie nicht auf ein Rückzugsgebiet zurückgreifen kann. Dies galt auch für die Südtiroler Freiheitskämpfer des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Zahlreiche ehemalige Kämpfer haben ihre Erlebnisse erzählt, viele früher verschlossene Dokumente wurden offengelegt. Heute weiß man, daß die Verschwörer über ein gut betreutes Hinterland in Österreich verfügten. Der Nordtiroler Ableger des BAS sammelte Geld, legte Waffen- und Sprengstofflager an, organisierte die Propaganda, leitete Sprengschulungen und brachte eine Logistik auf die Beine, die über die Staatsgrenze hinweg Tonnen an Ausrüstungen und Sprengmaterial zu den Zellen in Südtirol brachte. Als im Donnerschlag der „Feuer-nacht“ des 11. Juni 1961 an die vierzig Hochspannungsmasten in Südtirol in die Luft flogen – 37 Masten wurden total zerstört – und die Entnationalisierungspolitik Italiens in Südtirol damit auf der Müllhalde der Geschichte landete, fragte sich ganz Italien entsetzt, wie es hatte geschehen können, daß die italienischen Geheimdienste, die Carabinieri und das Militär derart hatten überrascht werden können. Tatsächlich gelang es den italienischen Behörden erst in der Folge, aufgrund von Spitzelberichten mit Hilfe von entsetzlichen Folterungen Geständnisse von Verdächtigen zu erpressen und so das Netz der Verschwörung zu einem erheblichen Teil aufzurollen. Heutigen Zeithistorikern ist bekannt, daß die Vorbereitungen zu den Südtiroler Widerstandshandlungen mit Wissen höchster österreichischer Bundespolitiker und Nordtiroler Landespolitiker erfolgt und daß die Akteure des Widerstandes von eben diesen Politikern ermuntert und teilweise sogar unterstützt worden waren. Ein Rätsel war bislang nur gewesen, was den Gesinnungswandel der österreichischen Politik herbeigeführt und hochgelobte Patrioten über Nacht in „Terroristen“ verwandelt hatte, die in den Medien geschmäht und von Polizei und Gerichten verfolgt wurden. Durch die Kampagne zur Flucht nach vorn genötigt Ein junger Tiroler Historiker, Franz Watschinger, der Sohn eines ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfers, hat dieses Thema in seiner Doktorarbeit behandelt und nun in der Schriftenreihe Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte als Band 20 unter dem Titel „Bomben und Justiz“ herausgebracht. Watschinger hat bislang verschlossene zeitgeschichtliche Quellen ausgewertet und eine Intrige enthüllt, in deren Rahmen nach vorne strebende ÖVP-Politiker mißliebige Parteifreunde aus dem Wege räumen und Konkurrenten in der SPÖ gefügig machen oder zum Abschuß freigeben wollten. In einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung im Juli 1961 wurden einige österreichische Politiker, darunter Außenminister Bruno Kreisky, der „direkten Teilnahme, aktiven Vorschubleistung oder mitwissenden Duldung“ beim Aufbau einer „Partisanenorganisation“ bezichtigt. Gemeint war der BAS, zu dessen Exponenten Außenminister Bruno Kreisky (SPÖ) gute Kontakte gehabt hatte. Der Artikel war von dem der ÖVP angehörenden Chefredakteur im Bundespressedienst des Bundeskanzleramtes, Hans Kronhuber, lanciert worden und setzte über Nacht den Außenminister Kreisky der internationalen Aufmerksamkeit und den wütenden Verdächtigungen und Anschuldigungen Italiens aus. Kreisky kämpfte um das politische Überleben. Jene Politikergruppe in der ÖVP – Watschinger nennt Roß und Reiter -, die gegen Kreisky und die SPÖ mobilisierte, räumte in der Folge auch in der ÖVP ihre Widersacher aus dem Weg. Darunter war der Nordtiroler Landesrat Oberhammer, welcher zu den Mitbegründern des BAS gehört hatte. Nun trat die SPÖ die Flucht nach vorne an. Angesichts der internationalen anklagenden Kampagne Italiens und bar jeder Rückendeckung durch die ÖVP wurden die Südtiroler Freiheitskämpfer zur Verfolgung freigegeben. Das Werk der ÖVP-Intriganten half das damals durchaus linksradikal besetzte SPÖ-Parteiorgan Arbeiter-Zeitung zu besorgen. In der Diktion dieses Blattes gerieten die Südtiroler Freiheitskämpfer zu „Nazibuben“ und „Naziterroristen“. Auf Weisung des sozialistischen Justizministers kam es im Dezember 1961 in Graz zum ersten Südtirolprozeß, der mit einer Verurteilung endete und den Auftakt zu weiteren Verfahren gab. Gegen diesen Prozeß und weitere laufende Strafverfahren machte nun die Tiroler Landesregierung mobil. In von allen Parteien Tirols getragenen Denkschriften wurde gegen die Durchführung der Prozesse protestiert. Trotzdem kam es zu weiteren Verfahren in Österreich. In einem aufsehenerregenden Prozeß gegen eine große Zahl von Südtirolkämpfern durchkreuzten die Geschworenen die Absichten der Politik, indem sie die geständigen Angeklagten freisprachen und damit der Argumentation der Verteidiger folgten, wonach in Südtirol übergesetzlicher Notstand geherrscht und zu aktiver Notwehr und Nothilfe berechtigt habe. Das in der Diktion moderat gehaltene Werk Watschingers deckt in sensationeller Weise das miese parteipolitische Intrigenspiel um Südtirol und die Freiheitskämpfer auf und entlarvt einige bislang hochgepriesene Politiker in all ihrer Amoralität und ihrem Opportunismus. Franz Watschinger: Bomben und Justiz. Der erste Grazer Südtirolprozeß 1961. Studienverlag, Innbruck-Wien- München-Bozen 2003, 205 Seiten, Abbildungen, 19,50 Euro

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